Unser Geschenk zu Weihnachten:
Erhalte zu jedem gekauften Buch eine Widmung von Herbert Renz-Polster gratis dazu!
Zum Shop
Beratungsfrage

Saure Durken – muss mein Kind zur Logopädie?

Mein Theo ist drei Jahre alt, redet wie ein Buch, nur bringt er dabei die Buchstaben durcheinander. Er sagt zum Beispiel Taffeee anstatt Kaffee. Oder Durken anstatt Gurken. Die ErzieherInnen sagen, er braucht dringend Logopädie.

Nein, das braucht er nicht.

Das Verdrehen der Konsonanten am Wortanfang ist völlig normal und geht von selber weg. Das liegt daran: manche Konsonanten sind schwer zu bilden, weil das Kind dazu nicht nur die Lippen und Zunge brauchen. Sondern auch: ganz schön Luftdruck!

Wir machen das mal miteinander: Sprich mal den Buchstaben „K“. Da muss hinten der Gaumen dicht versiegelt sein, dann wird das Zwerchfell angespannt (wie beim Husten), und dann wird das K sozusagen explosionsartig herausgeschleudert 😉 Ganz schön schwierig!

Viel leichter ist das T. Da muss dein Kind nur die Zungenspitze ein bisschen hochheben und an die obere Zahnreihe legen. Und dann reicht schon ein kleines bisschen Luft um ein schönes T zu produzieren! Dazu muss man nicht viel mit dem Zwerchfell arbeiten.

Deshalb ersetzen viele Kinder am Anfang das K durch ein T. Sie schenken sich dann Taffee ein. Oder sie essen saure Durken.

Woher ich weiß, dass das von alleine weg geht?

Ganz einfach: gibt es im deutschen Sprachraum irgendwelche Erwachsenen, die Taffee trinken? Nein. Keinen einzigen!

Na also. Weil nämlich alle das mit dem Zwerchfell irgendwann gut hinbekommen.

Also: einfach abwarten – wie schön!

Gilt das für alle „Sprachfehler“? Nein. Auch hier kann der Realitätscheck helfen. Gibt es Erwachsene, die stottern? Natürlich, und die meisten haben damit als Kinder begonnen. Ergo: Stottern kann sich manchmal verfestigen (und deshalb kann hier eine *gute* Logopädie in *bestimmten* Fällen hilfreich sein).

Oder: gibt es Erwachsene, die noch lispeln? Ja, allerdings recht selten, das Lispeln geht fast immer von alleine weg. Aber ausnahmsweise braucht es dazu ein bisschen Übung. Manchmal auch bei der LogopädIn.

Man kann also bei der Sprache schon manches mit dem gesunden Menschenverstand vorsortieren, wie schön!

Weniger schön finde ich, wie oft Eltern verunsichert werden. Weil sie gar nicht so selten von „ExpertInnen“ beraten werden, die keine sind. Da wird dann reflexhaft zu „Logopädie“ geraten, wenn ein Kind nicht „richtig spricht“. Richtig sprechen lernen Kinder aber im Grunde in einem uralten Prozess: Nämlich, indem sie mit interessanten Menschen interessante Sachen machen – und dabei reden. Ob mit Erwachsenen, oder mit Kindern. Sprechenlernen ist eine Unterabteilung des alltäglichen Miteinanders, das sollten wir nicht vergessen.

"Mit Herz und Klarheit – Wie Erziehung heute gelingt und was eine gute Kindheit ausmacht" ist soeben erschienen. Dieses Buch ist ein Wegweiser für eine erfüllende und gelingende bedürfnisorientierte Familienzeit.
Mehr Infos

4 Kommentare

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass bestimmte Kommentare erst manuell freigeschaltet werden müssen (z. B. wenn Sie einen Link teilen).

Oder ohne Konto fortfahren:

  • Claudia K.

    Da stimme ich voll zu. Bevor Eltern verunsichert werden, sollte die Erzieherin (in dem Fall) sich ihrer Sache sicher sein. Ein Kind ist mit 3 Jahren mittendrin in seiner Sprachentwicklung und Lautersetzungen sind in diesem Alter völlig harmlos. Genauso schauen wir auch auf die grammatische Entwicklung und finden die Wortschöpfungen und verdrehten Sätze meist sehr bezaubernd. Frühestens mit 5 Jahren oder im Vorschuljahr ist es vielleicht mal prüfenswert, ob die Zunge alle Laute passend “trifft”, das Gehör oder die auditive Wahrnehmungs- und Differenzierungsfähigkeit ausreichend entwickelt sind….. Dafür gäbe es dann Sprachentwicklungstests…. schreibt eine Sprachtherapeutin

  • Eine Kollegin, nicht pädiatrisch

    “Weil sie gar nicht so selten von „ExpertInnen“ beraten werden, die keine sind.”
    Ooooh ja, den Satz kann man sich wirklich einrahmen.
    Sehr gute “Sortierung” übrigens 🙂
    Danke, HRP!!

  • Madlen

    Ich arbeite selbst als Logopädin bzw. bis zu der Zeit, als ich in Elternzeit ging. 🙂

    In der Ausbildung habe ich gelernt, dass die /k/ zu /t/-Sache (wir nennen es auch Vorverlagerung des /k/) bis zu einem Alter von 3;5 physiologisch ist, dass man dann noch ein halbes Jahr abwarten kann und danach Logopädie empfohlen wird. Aber wenn es nur der eine Prozess ist, würde ich auch noch länger warten. 🙂
    Oft gibt es sich von alleine, aber nicht immer.

    Ich hatte mal ein Schulkind, was noch das /tr/ zum /kr/ bildete und deswegen auch Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben hatte.

    Es wird empfohlen, dass ein Kind, was in die Schule kommt, alle Laute richtig sprechen kann. Ausgenommen eines Sigmatismus (/s/-Fehler) oder Schetismus (wenn das /sch/ seitlich gebildet wird), weil der Ersatzlaut nicht einem anderen deutschen Laut entspricht und die Kinder deswegen nicht ‘falsch schreiben’ können.

    Aber allgemein würde ich auf mein Herz hören. ❤️

    Von Herzen Madlen

    • Sonja Bucheli

      Genau aus dem Grund hat mein Sohn dann mit 5 Logopädie gemacht.. Er hatte auch den K und T Dreh drin und sie haben mir geraten es jetzt zu ändern damit er es leichter hat in der Schule die Buchstaben korrekt zu lernen. Und jetzt in der 1. Klasse bin ich froh dass wir es gemacht haben.. Er fällt noch immer manchmal ins alte Muster, aber er korrigiert sich dann oft selber sofort.

      Aber vor 5 Jahren ist das zu früh, da lohnt es sich zumindest wegen sowas wirklich noch nicht.