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Beratungsfrage28. November 2023

Kind weint wenn Papa es ins Bett bringt

Soll Papa übernehmen, auch wenn das Kind weint?

Lieber Herbert, Unsere Tochter (18 M.) bevorzugt häufig mich als Mama, vor allem beim Zubettgehen. Bei Papa gibt es Geschrei. Ist es “okay”, dem Wunsch des Kindes nicht nachzugehen, also trotz Weinen das Kind vom Papa ins Bett bringen lassen? Oder sollte man das Kind lieber vor dem Stress bewahren und warten, bis das Kind sich von sich aus vom Papa auch ins Bett bringen lässt? Ist es sinnvoll das Ganze regelmäßig zu machen, damit sich das Kind an die Schlafsituation mit Papa gewöhnt, oder lieber nur in den Fällen, in denen es anders eben nicht geht. Gibt es ein “richtig” aus entwicklungspsychologischer Sicht?

Das ist ein ganz normales Verhalten von kleinen Kindern: Gerade beim Einschlafen suchen sie verstärkt nach dem Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, nur dann können sie loslassen und in den Schlaf finden. Kommen Kinder in Not oder Stress verengt sich ihr Bindungshorizont. Und zwar auf die Person, mit der sie bisher die meisten guten Erfahrungen mit „Stress-lass-nach“ gemacht haben. In den meisten Familien ist das bis heute die Mutter, sie ist in der Alltagsroutine ja de facto zumeist vorne dran im Interaktionssystem.

Wie damit umgehen? Das hängt von mehreren Faktoren ab.

  • Erstens von der Vater-Kind-Beziehung. Ist der Vater präsent im Alltag des Kindes und die beiden miteinander gut vertraut? Das ist etwas anderes als wenn der Vater das Kind tagsüber nur wenig begleiten kann und das Kind entsprechend wenig gemeinsame Routinen mit ihm entwickeln konnte.
  • Zweitens von der Reaktion des Kindes. Es gibt die zarter besaiteten Kinder, die doll viel Hülle und Begleitung brauchen, und es gibt andere, die sich schneller umstellen und auch ein dickeres Fell haben. Die ersteren werden durch euren Plan mehr belastet als die letzteren. Manche Einjährige werden in der ungewohnten Situation dann stundenlang schreien, bis sie vor Erschöpfung einschlafen. Andere weinen ein bisschen, geben sich dann aber mit der Situation zufrieden. Mehr noch: Manche Kleinkinder entwickeln als Reaktion eine Ablehnung gegenüber dem Vater, andere bleiben dem Papa dann auch tagsüber zugewandt. Auch die Gewöhnung verläuft unglaublich unterschiedlich: Die einen akzeptieren den neuen Einschlaf- Partner nach wenigen Malen Begleitung als gleichwertigen Insbettbringer, andere protestieren noch wochenlang.
  • Drittens: von der Haltung des Vaters. Man darf nicht unterschätzen, dass man als Papa, der immer nur die rote Karte, Tränen und Geschrei abbekommt, ganz schön in Not kommen kann. Man braucht da ein dickes Elternfell („alles gut hier, ich halte die Tiger fern, und du darfst mich gerne als Klagemauer nehmen“). Aber das hat auch nicht jeder und schiebt dann vielleicht nur Frust und manchmal auch Zorn. Da muss der Papa echt ein Gespür dafür haben, was er sich da zutraut.
  • Viertens: von dem was du dir (oder ihr euch) von dem neuen Arrangement erhofft. Wie sehr wünschst du dir mehr Freiraum bzw. wie belastend ist die Situation für dich und deinen Partner? Wollt ihr als Familie unbedingt eine Änderung, weil ihr sonst als Familie nimmer gut funktionieren könnt oder macht ihr das, „weil man das doch heute so macht“? Wie immer: liegt viel auf der einen Seite der Waagschale wird man auf die andere Seite mehr Gewicht legen müssen.
  • Fünftens: von deiner Haltung als Mutter. Hast du ein schlechtes Gefühl dabei, und hast das Gefühl deine Tochter in einem tieferen Sinn im Stich zu lassen, ist das ernst zu nehmen. Auch wirst du dann die gewonnene Freiheit gar nicht so richtig genießen und nutzen können.

Kurz, es kommt total auf die Gesamtsituation an und es gilt abzuwägen. Und am Anfang auch zu beobachten und eine Reißleine einzuplanen, wie bei den Babysittern auch: wenn es „too much“ wird, ruf mich an, usw.

Das Kind selbst nimmt dann keinen Schaden davon, wenn der Vate:

  1. dem Kind nah steht
  2. sie eine gute Basis miteinander haben und
  3. er den Stress gut meistern kann.

Und das gilt auch dann, wenn das Kind weint und gegen die neue Regelung protestiert. Ihr könnt euch dann wirklich sagen: wir schubsen dich nicht ins Nichts, du bist nicht allein, ein dir vertrauter Mensch hält Wache.

Aber auch das stimmt: Selbst wenn die Kinder nicht geschädigt werden, zeigen manche Kinder, die solchen Stressreaktionen immer wieder ausgesetzt sind, in ihrem Tagesverhalten, dass sie vielleicht noch überfordert sind. Ihr müsst also genau hinsehen und beobachten und dann abwägen, ob das für alle Beteiligten tragbar (oder auch total gewinnbringend!) ist. Nur ihr könnt das daraufhin entscheiden.

Dieser Beitrag beruht auf dem Buch des Kinderarztes und Wissenschaftlers Dr. Herbert Renz-Polster: „Schlaf gut, Baby! Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten" (zusammen mit Nora Imlau). Es stellt dar, wie Eltern ihre kleinen Kinder (von 0 bis 6 Jahren) bei dem Dauerthema Schlaf unterstützen und begleiten können, ohne dass daraus Kampf und Krampf entstehen.
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4 Kommentare

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  • Jale

    So eine tolle umfassende differenzierte Antwort!!
    Super!!!! Gerade die Aufdröselung, welche Faktoren da alles hineinspielen.

    (wir konnten es uns „leisten“, beim zarter besaiteten Kind länger abzuwarten, bis es von selber so klappte.. und heute möchte es nicht weniger die Welt entdecken als das Große.)

    • Christina

      Bei uns hat es nicht funktioniert, wenn ich (Mutter) anwesend war. Habe mich daher hinter der Küchentheke versteckt *g*. Dann ging mein Mann mit unerer Tochter kurz hinaus, die Ponys besuchen – das mochte sie sehr. Danach eine Kontrollrunde durchs ‚leere‘ Haus und der Papa konnte ein zufriedenes Kind ins Bett bringen.

  • Maja

    Wir haben auch mal versucht, ob wir unseren Sohn nicht abwechselnd in den Schlaf begleiten können. Aber es hat viele Tränen unter dem Rufen nach Mama gegeben. Mein Mann wollte das dann nicht erzwingen und seitdem bringen wir ihn beide zusammen ins Bett (mittlerweile ist er 3 Jahre alt). Und es hat definitiv nicht mangels Bindung nicht geklappt, mein Mann war acht Monate in Elternzeit und davon auch zwei alleine; arbeitet auch jetzt Teilzeit und wir teilen uns die Kinderbetreuung.
    Ausschlaggebend für den Wunsch und den Versuch war bei mir tatsächlich: „weil man das doch heute so macht“ Als erfolgreiche und berufstätige Mutter geht doch auch alles genauso mit dem Papa oder dem Babysitter. Den Babysitter haben wir übrigens auch wieder abgeschafft. Unser Sohni fand es zwar nicht schlimm, aber auch alles andere als geil. Wir machen es heute dann eben anders. Und sind derzeit sehr zufrieden, weil zusammen.
    Und wenn ich nicht da bin: kein Problem, Papa ist es und alles klappt super 🙂

  • Andreas L.

    Interessante Frage, die sich ja auch beim Eingewöhnen, bzw. Vertraut machen in einer Kindertageseinrichtung stellt.

    Der entscheidenste Faktor ist sicherlich die Beziehung und Bindung zur neuen Person.

    Das andere ist, das die „neue“ oder weniger vertraute Person dann auch für das Kind transparent die Verantwortung erhält.

    Dazu gehört dann z.B. ein bewusstes Verabschieden der ersten Bezugsperson. Es gibt manche Kinder, da schreit das Kind immer, bis die die Mutter aus dem Nebenzimmer kommt, doch wenn die Mutter sich bewusst verabschiedet hat und die Wohnung/das Haus wirklich verlassen hat, klappt es ohne Probleme.

    Ein weiterer Punkt, der ggf. helfen kann, sind die zu-Bett-Geh-Rituale zu kennen und ggf. anzupassen.

    Ggf. ist das zu Bett gehen auch deshalb eine schwierige Situation, weil es jedes mal (und besonders, wenn der Papa übernimmt) anders abläuft und das (bisher) einzig konstante die Mutter als Bezugsperson war.

    Deshalb kann es helfen, wenn der Vater z.B. erfahren kann, was die Mutter (ggf. auch unbewusst) immer macht, damit der Vater dies (z.B. die Hand in den Nacken legen und kraulen) auch ausprobieren kann.

    Was aber auch möglich ist, dass Papa-Rituale eingeführt werden, die dem Kind besonders Spaß machen können wie z.B.:

    * weil Papa zum Zähneputzen immer noch ein Lied singt,

    * das Kind vom Bad ins Schlafzimmer auf Papa reiten darf, oder

    * Papa zuerst ein Schnuller-Such-Spiel spielt wo er den Schnuller klaut und wegschmeißt, und das Kind ihn wieder suchen und „erobern“ kann, bis dann

    * Papa erst den Schnuller und dann das Kind auf´s Bett wirft, und

    * sich dann zu ihm legt – und dann, wie die Mama, den Nacken krault ….