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Kommentar24. November 2024

“Sexueller Missbrauch ist nicht unbedingt traumatisch für ein Kind.“

Der wahre Hintergrund der PAS-Theorie. Eine Recherche in vier Teilen.

Dieser Beitrag führt an die Grenzen des Vorstellbaren. Er führt zu einer Theorie, aufgrund derer in Deutschland Hunderte von gesunden, sozial gut integrierten Kindern ihren – meist alleinerziehenden – Müttern weggenommen werden. Den Müttern wird dabei nicht etwa Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung vorgeworfen, sondern eine angebliche Störung ihrer Bindung zum Kind. Sie sorgten, so der Vorwurf gegen die Mütter, durch eine Art Gehirnwäsche dafür, dass ihre Kinder ein so genanntes Parental Alienation Syndrome (PAS) entwickelten - und deshalb den vormals geliebten Vater ablehnten. In Wirklichkeit – das legt diese Recherche nahe - ist diese angebliche Diagnose die Erfindung eines mutmaßlich pädophilen Kinder- und Jugendpsychiaters, der damit den perfekten Weg zur Täter-Opfer-Umkehr entwickelt hat.

 

Eine Reise in Abgründe

Ich habe in den letzten Jahren Hunderte von Stunden damit verbracht, die Theorie des Parental Alienation Syndromes (kurz PAS genannt) zu durchleuchten. Mich in die Werke ihres Erfinders einzulesen. Ich habe Schritt für Schritt nachvollzogen, wie die Theorie entstand. Wie der Erfinder vorging, um die Theorie glaubhaft zu machen. Und welches Ziel er letzten Endes mit seiner Ideologie verfolgte. Ich habe recherchiert, wie die Theorie nach Deutschland kam. Wer den Weg dafür bereitet hat. Und bis heute davon profitiert. Und wie es den Anhängern dieser Ideologie gelungen ist, diese absurde „Diagnose“ vor deutschen Familiengerichten salonfähig zu machen. Ob sie nun „elterliches Entfremdungssyndrom“ genannt wird oder „symbiotische Mutter Kind Bindung“ (letztere „Diagnose“ wird gerade in Deutschland seit Dr. Winterhoffs Intermezzo auf der deutschen Jugendhilfe-Bühne auch sehr gerne genommen). So unglaublich es klingt: Jede einzelne Mutter in diesem Land kann heute durch die reine Anschuldigung eines PAS das Umgangs- oder gar Sorgerecht für ihr Kind verlieren. Manchmal reicht dafür der Hinweis aus, die Mutter stille ihr Kind zu oft, oder zu lange.

Als ich vor fünf Jahren auf meinem Blog diesen Missbrauch – und die Ideologie dahinter  – zum ersten Mal kommentierte  war ich mir sicher, dass dieser Missbrauch bald korrigiert werden würde. Das Gegenteil ist passiert – PAS- oder „Symbiose“-Vorwürfe sind inzwischen von gut vernetzten Lobbygruppen zu schier perfekten Waffen in strittigen Sorgerechtsfällen ausgebaut worden. Ja, zu sich selbst erfüllenden Prophezeihungen. Denn stehen diese Vorwürfe einmal im Raum, werden sie dich treffen, immer. Auch das werde ich in diesem Beitrag belegen.

Von kindlichen Verführern und Orgasmen durch Missbrauch

Beginnen wir die Reise zu den Ursprüngen der PAS-Theorie. Sie führt zu einem „Experten“, der folgendes behauptet:

“Sexueller Missbrauch ist nicht unbedingt traumatisch für ein Kind. Ob ein Kind durch Missbrauch traumatisiert wird, hängt davon ab, wie die Gesellschaft zu solchen Begegnungen steht.“

„Sexuell missbrauchte Kinder leiden deshalb, weil unsere Gesellschaft auf Pädophilie überreagiert.“

“Kinder sind von Natur aus sexuell und können sexuelle Begegnungen mit Erwachsenen einleiten, indem sie den Erwachsenen ‘verführen’“.

„Wenn die sexuelle Beziehung dann entdeckt wird, wird das Kind es so aussehen lassen, dass der Erwachsene damit angefangen hat und schuld daran ist.“

Inzest: eine biologisch vorteilhafte Praxis – und: „eine alte Tradition“

Den tieferen Rahmen hinter dem sexuellen Verkehr zwischen Erwachsenen und Kindern steckt der Experte dann so ab: Inzest sei in Wirklichkeit „eine biologisch vorteilhafte Praxis“, sie würde nämlich „die Reinheit der Linie erhalten“. Auch würde durch sexuellen Verkehr mit Kindern die Nachkommenschaft gesteigert. Durch frühen Sex mit dem Vater entstehe nämlich ein „sexuell aufgeladenes“ Kind. Und weil ein solches Kind früher geschlechtsreif werde, würde es entsprechend mehr Kinder hinterlassen – ein klares Plus für die Arterhaltung.

Es sei deshalb gut verständlich, warum Inzest so regelmäßig anzutreffen sei. Ja, dass Väter ihre Kinder sexuell ausbeuteten sei „wahrscheinlich eine alte Tradition“. Pädophilie sei in der Weltgeschichte von der überwältigenden  Mehrheit der Menschen sowieso als normal angesehen worden. Dass unsere heutige Kultur das anders sehe und auf Pädophilie „überreagiere“, läge wahrscheinlich an „den Juden“.

Orgastische Belohnung beim Missbrauch

Zudem handle es sich bei Pädophilie oft um eine „Prägung“, gegen die der Betroffene machtlos sei. Pädophilie entstehe nämlich oft durch gute Erfahrungen beim Sex zwischen Kindern und Erwachsenen. Die dabei vom Kind erlebte „orgastische Belohnung“ (“orgasmic gratification”) sorge nämlich dafür, dass die missbrauchten Kinder später dasselbe bei ihren eigenen Kindern machen wollten:

„Es ist leicht nachvollziehbar, dass ein Kind durch eine solche Erfahrung „süchtig“ werden kann und dann nach häufiger Befriedigung derselben Art lechzt“.

Spätestens hier werden jetzt 100 % der hier Mitlesenden sagen: Das gibt es doch gar nicht!

Doch, das gibt es. Mehr noch: die Schwurbeleien dieses Mannes samt darauf aufgebauten „Diagnosen“ – von PAS bis zu „symbiotischer Bindung“ – erfreuen sich großer Beliebtheit an so manchem deutschen Familiengericht, bei Gutachtern in Sorgerechtsangelegenheiten, bei Verfahrensbeiständen und sogar bei manchen Jugendämtern. Ganze Netzwerke von GutachterInnen haben sich darauf spezialisiert, genau diesen Vorwurf zur „taktischen Waffe im Umgangsstreit“ zu schmieden, wie Prof. Jörg Fegert, ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatie des Universitätsklinikums Ulm das PAS-Konstrukt nennt. Und einschlägige Lobbygruppen glauben allen Ernstes, mit dieser Theorie “Väterrechte” durchsetzen zu können (ich komme darauf in Teil 4 dieser Recherche zurück, auch darauf, wie wichtig Väterrechte sind, die sich am Kinderrecht orientieren).

Und auch das gehört zur Realität, das zeigen die Studien von Dr. Hammer aus dem Jahr 2022 sowie 2024 in aller Deutlichkeit: Bei diesen Fällen handelt es sich nicht etwa um Einzelfälle. Dass sozial gut angepasste Kinder ohne die üblichen, nachvollziehbaren Gründe wie Vernachlässigung oder nachgewiesenen Missbrauch ihrem primär erziehenden Elternteil weggenommen, “umplatziert” oder “vom Staat in Obhut genommen” (also in Heime gesteckt) werden – dahinter steht ein System. Und dieses System geht auf die falschen (und in meinen Augen auch kranken) Theorien dieses Mannes zurück.

Ich werde das im zweiten Teil dieser Recherche mit einer Fülle von schier unglaublichen Beispielen belegen.

Das Lebenswerk des Dr. Gardner

Spätestens hier sollte ich den Namen des Experten nennen. Es handelt sich um Dr. Richard Gardner, einen US-amerikanischen Kinder- und Jugendpsychiater.

Dr. Gardner – im Jahr 2003  im Alter von 72 Jahren verstorben – arbeitete als niedergelassener Kinder- und Jugendpsychiater, verlegte sein Wirken dann aber vor allem auf die Tätigkeit als psychologischer Gutachter an Familiengerichten. Seine Klienten in den über 400 Fällen, die er in 25 US-amerikanischen Bundesstaaten übernahm, waren dabei vor allem Väter, denen Kindesmissbrauch vorgeworfen worden war. Daneben arbeitete Gardner an einem schier sagenhaften Publikationsvolumen von über 40 Büchern und Hunderten von Artikeln, die er zumeist in einem eigens gegründeten Selbstverlag veröffentlichte („Creative Therapeutics“). Vortragsreisen führten ihn in aller Herren Länder – auch nach Deutschland. Apropos Deutschland, auch das werden wir noch sehen: Gardner´s Theorie wurde gerade in Deutschland von einem bedeutsamen Teil der rund um Sorgerechtsfälle angesiedelten, kaum kontrollierten Gutachterindustrie mit großer Begeisterung aufgenommen (darunter auch bis heute in diesem System sehr gut verdienende und politisch einflussreiche Personen).

Keine wissenschaftliche Arbeit

In seinen Arbeiten legte Richard Gardner vor allem seine Eindrücke und persönlichen Überzeugungen nieder, die er sich als Gutachter in Sorgerechtsstreitigkeiten gebildet hatte. Zudem schrieb er gerne über die psychosexuelle Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern – durchtränkt von hanebüchenen Behauptungen über deren angebliche Fellatio-Phantasien dem Vater gegenüber.

Eigene Forschungarbeiten führte Richard Gardner nicht durch, auch war er nie Teil einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe (die wenigen Arbeiten, die in wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen, lösten in der Fachwelt regelmäßig kritische Debatten aus). Weil in seiner Praxis manchmal Studenten der Columbia-Universität hospitierten, hielt er den Titel eines „clinical professors“ inne – eine Karte,  mit der er sich regelmäßig den Nimbus eines echten Professors gab.

Dr. Gardner und sein Werk wären heute wahrscheinlich längst vergessen oder kopfschüttelnd unter „was früher einmal alles möglich war!“ abgeheftet – wenn Richard Gardner nicht in den 1980er Jahren ein echter Coup gelungen wäre. Er erfand nämlich eine angebliche Krankheit, die bald Furore machen sollte: das bereits angesprochene Parental Alienation Syndrome, kurz PAS.

Wie sich in den von Gardner als Gutachter begleiteten Sorgerechtsprozessen schnell herausstellte, hatte er mit dieser angeblichen Krankheit ein regelrechtes Schweizer Multifunktionsmesser entdeckt, mit dem sich hochstrittige Sorgerechtsverfahren zu Gunsten seiner Mandanten drehen ließen. Wo immer dieses Multitool seither zum Einsatz kommt, wird es für den anderen Elternteil – meist die Mutter – grausam. Bis heute, hier und jetzt.

Schauen wir uns dieses Werkzeug einmal an.

Das Scharnier: eine angeblich genetisch im Kind verankerte, gleichwertige Bindung an Vater und Mutter

Das angesprochene Schweizer Multifunktionswerkzeug besteht aus einem simplen Scharnier – der Behauptung nämlich, dass Kinder von Natur aus – also aus genetischen Gründen – an ihre Eltern gebunden seien und dass sie dabei immer beide Elternteile gleichermaßen liebten. Diese Liebe zu beiden Elternteilen sei überlebenswichtig, nur sie sichere die vollständige Entwicklung des Kindes.

Nun war diese jedem modernen Verständnis von Bindung widersprechende Behauptung nicht neu in Gardner´s Repertoire. Er hatte sie schon lange bei Missbrauchsfällen genutzt, in denen dem Vater tatsächlich sexueller Missbrauch nachgewiesen worden war – und in denen damit die Frage im Raum stand, was mit dem Täter geschehen sollte. Hier argumentierte er regelmäßig mit der Entfremdungsfalle: Das missbrauchte Kind solle mit dem missbrauchenden Elternteil verbunden bleiben, weil es doch „von seiner Natur her“ beide Eltern für seine Entwicklung brauche und diese im Grunde auch liebe. Es müsse deshalb „besonders sorgfältig darauf geachtet werden, das Kind nicht von dem missbrauchenden Elternteil zu entfremden“. Die Entfernung des Misshandlers vom Kind solle daher “ernsthaft erst erwogen werden, wenn alle Versuche einer Therapie der Pädophilie und der Wiederannäherung der Familie nachweislich fehlgeschlagen sind.”

Statt also den Täter und das Kind zu trennen, gelte es dem Kind zunächst den Missbrauch durch den Vater als so normal wie möglich darzustellen (Psychotherapie für das missbrauchte Kind dagegen sieht Gardner kritisch).  Man solle dazu “dem Kind  erklären, dass es keine perfekten Eltern gibt.“ Man könne ihm auch „von anderen Gesellschaften erzählen, in denen dieses Verhalten als normal betrachtet wird.”

“Auf diese Weise kann das Kind die Weisheit von Shakespears Hamlet erkennen, dass nämlich nichts entweder gut oder böse ist, vielmehr erst durch unser Denken dazu gemacht wird.“

Und bei dem letzteren Zitat sollten wir kurz innehalten. Denn es ist für mich im Grunde die Zusammenfassung des gesamten Werkes von Dr. Richard Gardner: Sexueller Missbrauch von Kindern ist an sich nichts Schlimmes – unsere Bewertung ist das Problem.

Das Parental Alienation Syndrome

In den späten 1980er Jahre baute Gardner dann seine Behauptung einer unerschütterlichen und gleichwertigen Liebe zu beiden Elternteilen zu seinem wohl effektivsten Instrument in den von ihm begleiteten Sorgerechtsauseinandersetzungen aus: dem angeblichen Parental Alienation Syndrome.

In vielen der von Gardner begleiteten Fälle von mutmaßlicher sexueller Kindesmisshandlung stand ja ein Problem ganz zentral: dass nämlich die prozessbeteiligten Kinder und/oder Mütter den Umgang mit dem Vater ablehnten. Wie konnte dem entgegengewirkt werden?

Hier griff Gardner nun wieder auf seine Theorie einer angeblich genetisch im Kind fixierten Bindung zurück und baute daraus eine maximal geradlinige Argumentation: Wenn ein durch solche uralten Gesetze mit seinem Vater verbundene Kind diesen ablehne, dann könne dahinter nicht der freie Wille des Kindes stehen. Schließlich sei das kein „natürliches“ Verhalten. Mehr noch: Sei das Kind in seiner Ablehung hartnäckig und unbelehrbar, dann müsse dahinter Manipulation durch eine gestörte Mutter stehen. Diese Störung nannte Dr. Gardner jetzt Parental Alienation Syndrome, zu deutsch „elterliches Entfremdungssyndrom“.

Bleib informiert: Teil 2 unserer Recherche kommt bald!

 

Dies war Teil 1 der Recherche von @kinderverstehen.de zum Hintergrund des Parental Alienation Syndromes. Teil 2 wird darüber berichten, welche verheerenden Folgen für (zumeist) Mütter und ihre Kinder durch diese Schwurbel-Diagnose entstehen. Wie dadurch Gewalt entsteht und Gewalt gedeckt werden kann.

* * *

Wo es um Abgründe rund um Sorgerechtsauseinandersetzungen geht, ist mir eines wichtig: Es geht hier nicht um pauschale Bewertungen der deutschen Familiengerichte  (es gibt gute FamilienrichterInnen und es gibt schlechte FamilienrichterInnen, so wie es gute und schlechte ÄrztInnen gibt) und vor allem nicht um pauschale Bewertungen der deutschen Jugendämter und ihrer MitarbeiterInnen, die oft schier Unglaubliches in großer Verantwortung leisten und für den Kinderschutz unerlässlich sind.

Es geht mir um die Benennung eines zu Himmel schreienden Unrechts, das bei *manchen* FamilienrichterInnen, bei *manchen* JugendamtmitarbeiterInnen, bei *manchen* Verfahrensbeiständen und bei viel zu vielen GutachterInnen ein offenes Ohr gefunden hat.

Es geht mir aber vor allem darum, dass PAS, “Bindungsintoleranz”, “symbiotische Bindung” (und neuerdings auch ein komplett aus seiner eigentlich medizinischen Bedeutung gelöstes “Münchhausen by proxy Syndrom”) von interessierten Lobbygruppen zum taktischen Mittel aufgebaut werden, um ihre Interessen durchzusetzen. Es geht mir darum, dass rund um diese “Diagnosen” ganze Netzwerke entstanden sind, die damit Unrecht tun.

 


Diese Recherche hat unglaublich viel Zeit gekostet, und Geld für die zu sichtende Original-Literatur dazu. (Ich habe mich mit diesem Projekt mehrfach an Investigativ-Portale, auch öffentlich-rechtliche, gewendet, die Resonanz war ehrlich gesagt bescheiden). Wir haben deshalb diesen Spendenbanner eingerichtet, so kannst Du unsere Arbeit unterstützen.

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15 Kommentare

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  • Tabea

    Hallo Herbert, ich würde deine Arbeit zu diesem Thema gerne unterstützen und hoffe auf ein Auflocken in breiter Öffentlichkeit. Ich habe ein Budget für solche und ähnliche Projekte. Leider seh ich das Banner nicht. Viele Grüße und danke, Tabea

    • Johannes P

      Danke für die Meldung des Problems. Ich habe einen Link hinzugefügt, falls das Formular nicht angezeigt wird.

  • Daria

    Das ist einfach so widerlich. Danke für deine Recherchen und Aufklärungsarbeit. Was können wir tun? Auch Verlage anschreiben? Wird es eine Petition geben?

  • Coffeinjunkie

    In dem führenden juristischen Kommentaren im Familienrecht heißt es zu „PAS“ schlicht: inzwischen widerlegte Theorie (so etwa im Münchner Kommentar). Die OLGe, die die Theorie in ihren Entscheidungen erwähnen und deshalb über due Schlagwortsuche in Juris gefunden werden können, lehnen sie auch ab (aber mitunter die Vorinstanz offenbar nicht, ebenso wie immer noch manche Jugendamtsmitarbeiter, das stimmt schon). Der Familienrichter, der eine Entscheidung begründen muss und deshalb in der Regel auf eine „herrschende Meinung“ zurückgreift (Juristen haben schon manchmal etwas von Lemmingen) und dafür suchen muss, sollte also eigentlich genügend Argumente dagegen, aber nicht dafür. Möglicherweise gibt es aber auch regionale Unterschiede. Den Vorwurf einer „zu engen Bindung“ habe ich in acht Jahren Familienrecht in NRW tatsächlich noch nie erlebt, wohl aber Befürchtungen, dass die hoffnungslos zerstrittenen Eltern die – bestehende – Bindung des Kindes zu dem jeweils anderen nicht zulassen bzw. hinreichend anerkennen könnten und ihre Ängste aus der Paarebene eins zu eins auf die Elternebene und die Beziehung des anderen zum Kind übertragen, jeder auf seine Weise „Koalitionsdruck“ auf das Kind ausübt und so letztlich oft beide riskieren, dass das Kind unter diesem Druck zerbricht oder langfristig für seine Entwicklung schädliche Bewältigungsmechanismen entwickelt. Wenn sich ein Kind nicht von dem betreuenden Elternteil trennen kann, stehen, so wird hierzulande jedenfalls oftmals argumentiert, häufig (bewusste oder unbewusste) Ängste des Elternteils dahinter, die das Kind spürt und an denen es sein Verhalten ausrichtet. Was nicht heißen soll, dass Kern vieler vieler Streitigkeiten eben die Frage ist, ob und wieviel Umgang und in welcher Form zum anderen Elternteil ist, dabei regelmäßig bei allen Beteiligten Urängste hochkochen, woran eventuelle Schwierigkeiten liegen und dass das für „gute Kontakte“ so erforderliche Grundvertrauen zwischen den Eltern eben ganz häufig weg ist, aus welchen Gründen auch immer, und gerichtlich zwar „Aufbaumaßnahmen“ angeregt werden können (Erziehungsberatung, Elterntherapie, Mediation etc), auch durchaus hinterfragt werden darf, warum sich ein Elternteil schwer damit tut, sein Kind beim anderen zu lassen, aber eben Vertrauen nicht verordnet werden kann. Häufig genug sitzt trotz aller massiven Verletzungen auf Elternebene aber da in der Anhörung ein kleines verzweifeltes Menschlein, das auf die Frage, was es sich am meisten wünschen würde, antwortet: „dass Mama und Papa wieder zusammen sind“. (Platz 2: Dass der Elternstreit aufhört). Und eben doch gaaanz vorsichtig äußert, dass es beide lieb hat. Wenn das die Eltern wegen ihrer eigenen Betroffenheit einfach nicht verstehen können, dann kommt allerdings auch die Frage ins Spiel, ob mangelnde „Bindungstoleranz“ hier vorliegen könnte und eine Gefahr für das Wohl des Kindes darstellt.

    • Meinungsquark

      Bindungsintoleranz ist ebenfalls nicht empirisch belegt und alter Wein in neuen Schäuchen. Diesen Begriff gibt es in der “richtigen” Psychologie gar nicht, sondern wurde aus dem Familienrecht und Gutachterwesen konstruiert ohne diesen emprisch belegen zu können.

      Auch und gerade bei hochstrittigen Familien macht es keinen Sinn, richterlich anzuordnen, dass die Eltern sich einigen sollen, solche Verfahren ziehen sich oft über Jahre und Jahrzehnte in die Länge, während die Kinder früher wenigstens eine eindeutige Regelung und Verlässlichkeiten hatten. Die “verzweifelten Menschleint” müssen in einer klaren, endgültigen Regelung nicht weiter hoffen und bangen und sind dann auch entlasteter langfristig.

      Schwierig ist hier eher die Rigidität, mit der manche Familienrichter*innen versuchen, diese Familien zu ihrem “Glück zu zwingen” sich zu vertragen. Wenn das in der Beziehung geklappt hätte, gäbe es vermutlich keine Trennung. Die Vokabel Bindungsintoleranz verlängert somit das Leiden der Familie mit dem Ziel, einen Grabenkampf aufzumachen, zu explorieren, ob es nicht gegen den Widerstand beider Elternteile doch möglich sein könnte, dass beide Eltern den gleichen Kontakt halten können. Hierbei werden keine Entwicklungspsycholog*innen oder Kinder- und Jugendtherapeut*innen gefragt, sondern Jurist*innen, Gutachter*innen und Eltern. Das Kindeswohl leidet unter dem Wohl und dem Wunsch der Eltern, meistens des Vaters, der narzisstisch gekränkt ist, weil das Kind sich auf ein (vermutlich stabileres) Elternteil fokussiert und sich nicht ständig hin und her reißen lassen möchte. Ausagiert wird es dann – wie von Gerd Polsterer gut beschrieben – vor allem mit Unterstellungen gegenüber der Mutter, die das Kind entfremden oder bindungsintolerant machen würde. Da nimmt natürlich dem Vater die Verantwortung für die Beziehung zum Kind und schützt sein Ego, in der Beziehung zur Partnerin und zum Kind gescheitert zu sein. Wir können natürlich auch die Eltern zu “hilflosen Menschlein” machen, die doch “einfach nur Recht haben und Macht ausüben wollen”. Aber das sind alles Erwachsene, die sich selbstständig Therapie und Selbsthilfegruppen suchen können. Die Kinder können dies nicht – und sind leider im schlimmsten Fall daran gehindert, wenn ein Elternteil seine Zustimmung verweigert.

      Die erhebliche Zunahme an Gewalt gegen die Ex Partnerin und die Kinder sollte uns ein erhebliche Warnzeichen sein, dass Familienrichter*innen, Jugendamtsmitarbeiter*innen und andere Agierende die Folge ihres Handelns reflektieren sollten.

  • Monika K.

    Das ist un-fassbar, ganz un-glaublich, widerlich! Ich würde dem Herrn Gardner gerne meine Meinung sagen, ihm den Dr.-Titel aberkennen und ihn über die kindliche Entwicklung und Zeitfenster aufklären, wenn er nicht schon gestorben wäre.

  • Emilia

    Danke für Ihre Arbeit und Ihre Stellungnahme

  • Alina Hofmann

    Ich bin Mama und ich bin betroffen von induzierter Elternkindentfremdung. Ich habe den Kontakt zu meinem ältesten Sohn verloren, weil er von seinem Vater in diese Richtung manipuliert wurde und weil das ganze Helfersystem dabei auch noch mitgeholfen hat. Egal, wie man diese Entfremdungsdynamik nennt, sie existiert. Und es ist nicht ein Phänomen, das sich speziell auf Mütter bezieht. Es gibt genauso Väter, die davon betroffen sind. So lange in dieser Thematik ein Geschlechterkampf betrieben wird, geht es am eigentlichen Thema der Entfremdung vorbei.

    • Margit D.

      Danke für diesen Kommentar, denn darum geht es bei solcher desinformativen Meinungsmache, wozu sich nun auch Herr Renz-Polster niedergelassen hat: Die pure und anscheinend notwendige Aufrechterhaltung eines Geschlechterkampfes im Namen von manipulativen und missbrauchenden Müttern, wozu man schlechte Väter benötigt!

  • Margit D.

    Sehr geehrter Herr Renz-Polster,

    „Alter Wein in neuen Schläuchen“ scheint auch bei Ihnen und vielen anderen zu gelten, die sich in einem Thema, das Kinder betrifft, immer wieder selbst in den Vordergrund stellen – dabei jedoch einzig eine Gruppe von Müttern ins Visier nehmen. Sie sprechen von „hunderte“, aber in Wahrheit stehen auf der anderen Seite tausende von Stimmen im Namen des Schutzes von Kindern und ihren rechten. Ich behaupte, das wissen Sie genauso gut wie ich.

    Bei Ihnen schleicht sich dazu der Eindruck ein, dass Sie diese „Nische“ nutzen, um Ihre Bücher und – nicht zu vergessen – die Spendenaufrufe werbewirksam zu platzieren. Sie kennen Ihre Zielgruppe gut und wissen, dass Sie genau diese mit Ihren Worten ansprechen. Warum also nicht weiterhin „genau denen“ den Bauch pinseln, wenn dies sogar den Verkauf oder eine kleine Spende anheizt?

    „Alter Wein in neuen Schläuchen“ beschreibt aber auch treffend die Kritik an Ihren Blog hier, Ihrer Position allgemein im Thema und dem Umfeld, in dem Sie sich dann bewegen.

    Auch Ihr Blog ist – Gähn – ein Teil einer seit Ewigkeit desinformierenden Dauerschleife. Copy/paste und ab damit ins Netz – und schon finden sich immer dieselben Worte, die man auch dort liest, wo sie bewusst platziert werden, wo sich bereits bekannten Unterstützer, die nicht mehr viel Neues beizutragen haben, gerne aufhalten. Ihre Recherche, Ihre Argumentationen und Ihr Wissen sind nicht bahnbrechend und tragen wenig dazu bei, den Diskurs weiterzudenken. Doch wollen Sie weder weiterdenken, und einen Diskurs bloß nicht. Lieber reihen Sie sich in die Riege derer ein, die den Diskurs im Keim ersticken wollen. Somit wirkt dann auch Ihr Blog hier wie eine endlose Wiederholung dessen, was aus Ihrer Ecke schon vielfach zu lesen war. Schade – vor allem, weil dies Ihre Glaubwürdigkeit als angeblicher „Kinderversteher“ schmälert.

    Ich, andere, Fachpersonen und Wissenschaftler könnte nun gegen Ihre wohl recherchierten Argumente mit tatsächlichen wissenschaftlichen Fakten, Erfahrungen oder Expertenmeinungen argumentieren. Doch warum den Diskurs suchen und sich selbst mögliche Fehler eingestehen, wenn man doch von der Zustimmung „hunderter“ Personen umgeben ist? Die Antwort darauf lasse ich offen. Sie sicher auch.
    Was ich jedoch nicht einfach hinnehmen möchte, ist, dass Sie sich und Ihre Leserschaft nicht der Tatsache stellen, dass Sie mit Ihren Aussagen nicht allein auf weiter Flur sind. Vielleicht sollte Ihnen das bereits bewusst sein, bevor Sie sich mit erhobenen Fingern auf Eltern (Mütter wie Väter) und vor allem dann betroffene Kinder – die Sie zu vergessen scheinen oder als Bauernopfer hinnehmbar akzeptieren – stürzen. Dennoch versuche ich, Sie zum Lesen zu bewegen, ohne dass es Sie weder Geld noch Recherche kostet:

    Suchen Sie mal im Netz nach “Countering Arguments Against Parental Alienation as A Form of Family Violence and Child Abuse” von Edwarg Kruk und Jennifer J. Harman (finden sie schon und kosten nichts).

    Weiteres dürfen Sie dann selbst suchen. Wenn Sie schon Spenden für Ihre Recherche wünschen, sollten Sie auch was dafür tun.

    • Herbert Renz-Polster

      Uii, Sie haben offenbar ganz schön Puls… Habe ich Sie verletzt, weil ich eine Spendenmöglichkeit eingerichtet habe? Ist freiwillig, wirklich. Und echt kein Grund mir jetzt alles Mögliche vorzuwerfen, von wegen, ich würde mich „mit erhobenen Fingern auf Eltern (Mütter wie Väter) stürzen“ und „betroffene Kinder als Bauernopfer akzeptieren“. So was ist leicht gesagt, aber wissen Sie, was Sie mir da vorwerfen? Ich bitte Sie jedenfalls sehr im Rahmen eines zivilen Austausches zu bleiben.

    • Herbert Renz-Polster

      Danke an Johanna.
      Also ich schreibe hier über Hintergrund und Ursprung der PAS-Theorie. Sie lasen den ersten Teil davon. Und jetzt machen Sie mir weit reichende Vorwürfe dass ich “Müttern, Vätern und Kindern abrede, dass sie entfremdet wurden”?

      Wenn Sie doch so lieb wären und mir den Abschnitt nennen, wo ich das in dem Beitrag mache?

  • La Celestina

    Wenn ich die letzten Kommentare lese, frage ich mich schon, ob hier wirklich Argumente ausgetauscht werden oder schlicht kritische Stimmen übertönt werden sollen und dazu dankbar vermeindlich psychiatrische Diagnosen genutzt werden.

    Es gibt Elternteile, die sich und ihre Kinder aus misbräuchlichen familiären Strukturen befreien – sei dies Gewalt oder sexueller Missbrauch gegen das Elternteil und/oder die Kinder – und die dann mit der Begründung PAS oder Bindungsintoleranz dazu gezwungen werden, weiterhin Umgang mit dem anderen Elternteil zu haben und den Umgang mit den Kindern zulassen zu müssen. Auch auf die Gefahr weiterer Gewalt und weiteren Missbrauchs hin. Hier ist die vermeindliche Diagnose eine Gefahr für das Wohl der Kinder und unterstellt, sie wollten aus biologischen Gründen dringend Umgang mit dem Gewalttäter.

    Das andere Phänomen betrifft Elternteile, denen in einer Trennungssituation absichtlich der Umgang vorenthalten wird. In denen Kinder absichtsvoll Schlechtes über das andere Elternteil erzählt wird, um Loyalitätskonflikte auszulösen und das Kind “auf die eigene Seite zu ziehen”. Um dieses Phänomen zu beschreiben, braucht man aber weder die Diagnose “PAS” noch die “Bindungsintoleranz”. Diese Kinder werden als Instrument missbraucht, Expartner:innen zu verletzten und letztlich zu kontrollieren. Das ist Machtausübung, keine Bindungsintoleranz, das klingt ja, als wäre es keine gezielte Handlung, sondern eben leider eine psychische Erkrankung.

    Und die Kinder brauchen auch keine Diagnose eines Entfremdungssyndroms. Sie handeln ja eigentlich absolut im Sinne des eigenen emotionalen Überlebens, wenn sie sich leztlich entscheiden, dem manipulierenden Elternteil zu glauben. Das sichert ihr emotionales Überbleben in wirklich “dreckigen” Trennungssituationen. Sie sind Opfer emotionaler Gewalt, ohne dazu ein eigenes Label zu brauchen. Ob sie daraus eine Störung entwickeln oder nicht, dürfte von vielen Faktoren abhängen.

  • Samuel

    danke für die Aufklärung!!! einfach nur krank, diese Welt…. keep it up!!

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