FAQ

Schlafen und Essen: Müssen Kinder nachts Nahrung bekommen?

Auf diese Frage gibt es sehr unterschiedliche Antworten. Früher galt die »nächtliche Stillpause« von 8 Stunden als Norm − von Anfang an. Noch heute behaupten manche (auch Kinderärzte), Babys bräuchten schon ab acht Wochen keine nächtlichen Mahlzeiten mehr. (Diese Meinung ist vor allem in den USA beliebt, vielleicht auch deshalb, weil jetzt der Mutterschutz endet?)

Oft wird die magische Grenze auch mit 6 Monaten angegeben, ab der Babys angeblich nachts nicht mehr gestillt oder gefüttert zu werden brauchen. Der Klassiker darunter dürfte die Behauptung der Ratgeberautorin Annette Kast-Zahn sein (»Jedes Kind kann schlafen lernen«). Nach ihrer Meinung können Babys mit 6 Monaten »etwa 10 Stunden hintereinander schlafen und brauchen während der Nacht nichts mehr zu trinken« (in den Vorauflagen war sogar von 11 Stunden die Rede − ich gehe auf diese Behauptung hier näher ein).

Diese Angaben haben alle eines gemeinsam: sie sind willkürlich und wissenschaftlich nicht belegt. Es gibt allerdings gute Gründe, warum diese Aussagen nicht stimmen können (sie gehen ja im Grunde davon aus, dass Säuglinge ab dem 7. Lebensmonat in ihrer Nahrungsaufnahme einem Erwachsenenrhythmus folgen):

  • Auch in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres wachsen die Kleinen noch so schnell, dass sie ihr Körpergewicht in diesem Zeitraum fast verdoppeln.
  • Wegen ihres raschen Hirnwachstums und ihres aktiveren Schlafes brauchen Kleinkinder in den ersten zwei bis drei Jahren, auf ihr Körpergewicht bezogen, etwa viermal mehr Kalorien als Erwachsene.
  • Kleine Kinder unterscheiden sich enorm in ihrer »Futterverwertung«: Manche brauchen zum Wachsen fast doppelt so viele Kalorien wie andere − schon das macht feste Angaben unsinnig (schließlich sind die schlechten Futterverwerter auch nachts eher Schweinchen…)
  • Die kindliche Entwicklung verläuft zudem oft in Schüben, auch das spricht gegen genaue Monatsangaben
  • Und nicht zuletzt unterscheiden sich Still- und Flaschenkinder in ihrem nächtlichen Nahrungsbedarf (Stillkinder melden sich insgesamt häufiger, vielleicht weil Muttermilch rascher verdaut wird)

Selbst der Schlafort hat einen Einfluss auf den nächtlichen Nahrungsbedarf. So nehmen die bei ihrer Mutter schlafenden gestillten Säuglinge nachts immerhin ein Drittel mehr Kalorien zu sich als die im eigenen Bett schlafenden gestillten Kinder (das könnte damit zu tun haben, dass Kinder im Nahbereich ihrer Mutter höhere Anteile an aktiven Schlafphasen haben.

Gerade die Angaben von vier bis sechs Monaten als Beginn des nahrungsfreien Durchschlafens werden manchmal damit begründet, dass das Baby ja jetzt Beikost bekomme und durch die festere Nahrung mehr Kalorienreserven habe. Die Tatsache, dass Beikost im Vergleich zur Muttermilch nicht sättigender, sondern im Gegenteil sogar kalorienärmer ist, macht jedoch auch dieses Argument nicht gerade überzeugend.

Dieser Beitrag beruht auf dem Buch des Kinderarztes und Wissenschaftlers Dr. Herbert Renz-Polster: „Schlaf gut, Baby! Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten" (zusammen mit Nora Imlau). Es stellt dar, wie Eltern ihre kleinen Kinder (von 0 bis 6 Jahren) bei dem Dauerthema Schlaf unterstützen und begleiten können, ohne dass daraus Kampf und Krampf entstehen.
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4 Kommentare

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  • Anna

    Warum haben Kinder im Elternbett einen höheren Anteil an aktiven Schlafphasen und kann man daraus schliessen dass sie weniger gut schlafen / erholt sind ; also ist es erstrebenswert diese Phasen tief/gering zu halten?

    • Mama Wolf

      Ich denke nicht, im rem Schlaf wird ja gelernt, gereift und verfestigt. Zumal ja auch das beieinander schlafen das natürliche ist und das „Outsourcing“ sprich das Kind schutzlos im eigenen Bett liegen lassen eine Neuzeitliche westliche Erfindung ist. Lästig dabei ist nur, dass man nicht einfach aufstehen und was erledigen kann oder wenn man auf Toilette muss das Kind i.d.r. Wach wird. Aber das ist unser Problem, nicht das des Kindes 😂 mittlerweile klappt das abhalten in der Situation super und wir gehen einfach gemeinsam pipi machen 😅

  • Johanna

    Aber gibt es denn einen guten, „richtigen“ Zeitpunkt, an dem es mehr Vorteile (zB weniger unterbrochener = erholsamerer Schlaf für das Kind?) hat, das nächtliche Stillen einzustellen?

    • Mama Wolf

      Nö gibt es nicht. Das Kind lernt nur, dass seine Bedürfnisse unwichtig sind und nicht erfüllt werden. Kinder kommen automatisch weniger an die Brust-wenn sie soweit sind. Mini ist jetzt 1,5. krank oder am zahnen hängt sie gefühlt die ganze Nacht an der Brust. Träumt sie schlecht, wird getastet und an mama gekuschelt (nicht immer mit Brust und wenn mit, wird nicht immer getrunken). Wir haben Zeiten, da kommt sie 1-2 mal. Unabhängig wie oft sie an die Brust will, merkt sie, dass ich aufstehen will oder merkt es nicht. Ich kenne kein Kind, dass durch (nächtliches nach Bedarf) stillen weniger erholt ist oder tagsüber mehr Schlaf bräuchte.