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Langzeitstillen: Wo ist das Problem?

Das Thema „Langzeitstillen“ erregt ziemlich regelmäßig die Gemüter. Da berichtet die Presse dann vom „Stillen ohne Ende“ und kommentiert gerne auch einmal in simplem Schwarz-Weiß: „Ärzte sind entsetzt, Übermütter begeistert.“ Der folgende Artikel betrachtet das Thema Langzeitstillen aus kinderärztlicher und aus evolutionsbiologischer Sicht.

Was ist die „normale“ Stilldauer?

»Das Säugegeschäft wird von den Müttern meist sehr lange fortgesetzt, da es ihnen an Milch nicht zu fehlen scheint«, berichtet der Völkerkundler Irle um die Jahrhundertwende von den afrikanischen Herero. Auch wenn die Begründung etwas seltsam klingt, so passt die Beobachtung durchaus zu den Befunden, die die Ethnologie zusammengetragen hat: In den allermeisten Kulturen wird lange gestillt – weit länger als wir dies in den westlichen Ländern gewohnt sind. Im Durchschnitt aller dokumentierten Kulturen liegt die Stilldauer beim Menschen etwa bei 30 Monaten. Auch die Befunde der Archäologie weisen auf eine lange Stilldauer hin (das Abstillalter kann an Knochenfunden von Kindern abgeschätzt werden). Die geschriebene Geschichte, wie etwa die Bibel, gibt vergleichbare Hinweise – danach wurden etwa die Kinder der Hebräer mit zwei bis drei Jahren entwöhnt. Der Koran empfiehlt eine Stilldauer von zwei Jahren. Noch weit bis in die Neuzeit war das Stillen von Kleinkindern auch hierzulande ganz normal. Damit ist aus Sicht der evolutionären Verhaltensforschung eines klar: Was wir heute als „Langzeitstillen“ bezeichnen, also das Stillen von Kleinkindern, ist kein „abartiges“ Verhalten, sondern entspricht dem arttypischen Standard beim Homo sapiens.

Mal länger, mal kürzer

Wissenschaftlich viel interessanter ist die Frage, warum die Stilldauer zwischen den einzelnen menschlichen Kulturen und Lebensgemeinschaften so variabel ist – die Antwort auf diese Frage könnte auch die heutige Diskussion um die „richtige“ Stilldauer bereichern. Tatsächlich bestehen beim Menschen selbst zwischen traditionellen Kulturen teils deutliche Unterschiede in der Stilldauer. So stillen die als Sammler lebenden Bofi in Zentralafrika ihre Kinder zwischen 36 und 53 Monaten ab, die in unmittelbarer Nachbarschaft sesshaft gewordenen Stammesmitglieder dagegen zwischen 18 und 27 Monaten.

Warum ist beim Menschen die Stilldauer so variabel? Die Antwort ergibt sich aus der singulären evolutionären Nische des Menschen: Stillt eine Tiermutter ab, bevor ihr Kind reif genug ist, um ausreichend Nahrung für sich selbst zu finden, so ist das Kind dem Tod geweiht. Beim Menschen ist das anders: Ein Menschenjunges kann nicht nur dank der Muttermilch überleben, sondern ab einem bestimmten Alter auch mit Kleinkindkost versorgt werden – von Knochenmark oder vorgekautem Essen bis zur modernen Gläschenkost. Wie stark und wie früh dieser „Ernährungspuffer“ genutzt wurde, hing nicht nur von den ökologischen, sondern immer auch von den vorgefundenen sozialen Bedingungen ab.

Das war selbst für die Ethnologen zunächst eine Überraschung. Sie waren nämlich immer davon ausgegangen, dass Mütter in traditionellen Zusammenhängen dann früher abstillen, wenn sie auf für Kleinkinder geeignete Nahrung zurückgreifen können – wie etwa leckeres Armadillo-Fett. Die systematische Auswertung der Abstillzeiten bei sehr verschiedenen Völkern zeigte aber: Der Einfluss des »Nahrungsumfeldes« ist überraschend gering. Kleinkinder scheinen also auch im ursprünglichen Habitat des Menschen nicht auf spezielle »Abstillnahrung« angewiesen zu sein, sondern auch mit zerkleinerter Erwachsenennahrung ganz gut klar zu kommen.

„Soziale“ Abstillentscheidung

Dagegen erwiesen sich die Arbeitsbedingungen der Frauen als die weit wichtigere Einflussgröße. Können etwa im Hochland Nepals Frauen ihr Baby zur Arbeit nicht mit aufs Feld nehmen, so wird früher abgestillt. Auch Mütter in Jäger- und Sammlergruppen, die ihre Kinder in der Obhut von Pflegepersonen in einem Lager zurücklassen können, stillen »nur« ein bis zwei Jahre. Hochmobile Jäger- und Sammlergruppen unter rauen Umweltbedingungen (wie etwa die Kung in der Kalahari) dagegen stillen volle drei bis vier Jahre lang, also eher lange. Da es bei Stillentscheidungen immer auch darum ging, die Kräfte auch für andere „Anwärter“ gut einzuteilen, dann wundert auch das nicht: Später geborene Kinder und in besonderem Maße »Nesthäkchen« bekommen länger die Brust – wo kein weiteres Kind mehr zu erwarten ist, wird offensichtlich großzügiger ausgeteilt – das ist nach den Befunden der Primatenforschung übrigens auch bei den Menschnaffen zu beobachten.

Zurück zur „Langzeitstilldiskussion“

In allen Kulturen ist die Entscheidung, wie lange eine Mutter stillt, letzten Endes eine komplexe Abwägung: Wie wohl fühle ich mich als stillende Frau? Wie sehen mich die anderen? Was sagt mein Partner dazu? Wie leicht fällt mir das Stillen oder mit wie viel Stress und Einschränkungen ist es verbunden? So ist aus vielen Studien bekannt, wie verblüffend stark der Einfluss der väterlichen Meinung ist– dieser Einfluss des Vaters auf die Stilldauer wird in vielen Kulturen beobachtet. Auch wie die Gesellschaft insgesamt zum Stillen steht, hat messbare Effekte. Und da scheint einige Verwirrung zu herrschen: Einerseits wird in den modernen Gesellschaften Muttermilch als das Beste für das Kind angesehen, und Kinderärzte werden nicht müde, ihre Vorteile herauszustreichen. Andererseits wird das Stillen teilweise mit Argwohn betrachtet – das Baby könnte durch den freien Zugang zum Busen vielleicht verwöhnt werden oder sich daran gewöhnen, dass es auch sonst seinen Willen bekommt. Zudem gilt gerade in den angelsächsischen Ländern das Stillen fast schon als sexueller Akt, sodass das Stillen in der Öffentlichkeit in manchen »modernen« Ländern weitgehend tabuisiert ist – nicht gerade förderlich für die Brusternährung. Noch im Jahr 2008 wurde ein Foto der stillenden Lara Croft-Darstellerin Angelina Jolie von wichtigen US-Medien als »sexuell aufreizend« verdammt – zu sehen war ein kleiner Teil ihrer linken Brust. Und auf der Webseite Facebook, auf der immerhin über eine Milliarde Menschen miteinander kommunizieren, werden Bilder stillender Mütter entfernt, sobald auch nur der Vorhof einer Brustwarze zu sehen ist.

Damit sind wir beim kulturellen Umfeld und den Traditionen – und damit auch bei den Meinungen der Presse, der Experten und der Nachbarn. „Normalität“ ist nun einmal zu einem guten Teil das Resultat einer kulturellen Konsensbildung: Je nach Gesellschaft, in der Menschen leben, empfinden sie es als »normal«, ein Kind nur vier Wochen lang oder aber vier Jahre lang zu stillen (also immerhin etwa 50-mal länger). Vielen Menschen in Deutschland etwa geht es irgendwie »gegen den Strich«, wenn ein Kindergartenkind noch an der Brust trinkt; in vielen anderen Kulturen wird das nicht einmal wahrgenommen. Und noch vor nur 40 Jahren galt Stillen als derart unmodern, dass es fast ganz aus dem Bestand der Traditionen entfernt worden wäre.

Insofern ist auch die kulturelle Bewertung des Themas „Langzeitstillen“ letzten Endes für die Zukunft offen – man muss nur daran denken, dass ein Vater, der einen Kinderwagen schob, noch vor einer einzigen Generation wie ein an Testosteron verarmtes Weichei erschien – heute wird er mir staatlichen Prämien dekoriert und in den Zeitschriften als Bild von einem Mann gefeiert. Wenn in der Langstill-Debatte also der „entsetzte Experte“ in Stellung gebracht wird, so darf man sich schon fragen, ob sich dieses „Entsetzen“ nicht einzig und allein daraus speist, dass es manche Mütter wieder einmal anders machen als die aktuelle Mode es vorsieht.

Wer hat Recht?

Aus dem Gesagten wird klar: Eine universelle Antwort auf die Frage nach der optimalen Stilldauer kann es nicht geben. Wie lange sich Stillen für eine Mutter »rechnet«, hing schon immer auch von ihrem Lebensumfeld und ihren Lebensumständen ab – diese entscheiden nun einmal mit, wie schwer die mit dem Stillen verbundenen Vor- und Nachteile im Einzelfall wiegen, und diese liefern die „inneren Bewertungen“ nach denen die Mutter individuell entscheidet. Allerdings ist eines klar: Evolutionär betrachtet war Stillen eine Lösung, die dem Kind bis ins Kleinkindalter hinein eindeutig Vorteile verschafft hat. Für Kleinkinder stellte die Muttermilch nämlich nicht nur eine zusätzliche, regelmäßig verfügbare Quelle hochwertiger Nahrung dar. Sie war zudem eine Art Entwicklungs- bzw. Lebensversicherung, mit deren Hilfe Versorgungsengpässe überbrückt werden konnten. In den vom Jagd- und Sammelerfolg abhängigen nomadischen Gemeinschaften, in denen wir Menschen die allermeiste Zeit unserer Geschichte verbrachten, kamen Phasen nicht ausreichend verfügbarer Nahrung immer einmal wieder vor. Etwa, wenn das Jagdglück ausblieb, oder das Wetter verrückt spielte. Dies bedeutete wegen der begrenzten Möglichkeiten zur Vorratshaltung immer wieder auch Hungerphasen. Darauf sind die Erwachsenen biologisch gut vorbereitet (selbst stillende Mütter können hungern, ohne dass ihre Milchproduktion abfällt). Für das kleine Kind, das in den ersten drei Lebensjahren ein extrem starkes Gehirnwachstum finanzieren muss, können Hungerzeiten allerdings langfristig nachteilig sein, da ein wachsendes Gehirn mit seinem hohen Stoffwechselbedarf nicht längere Zeit ohne ausreichende Versorgung auskommt. Ein wachsendes Gehirn sollte nicht hungern! Und die ideale Versorgung für Gehirnzellen ist wegen ihres hohen Anteils an Laktose nicht zufällig – die Muttermilch (sie kann geradezu als ideale Gehirnwachstumsnährlösung bezeichnet werden, sie ist ja nicht ohne Grund – verglichen etwa mit Kuhmilch –  eher eiweißarm und dafür zuckerreich).

Beobachtungen bei Kindern in weniger abgesicherten Gesellschaften zeigen zudem, dass auch Kleinkinder, die ihren Nährstoffbedarf zum großen Teil schon durch Beifütterung decken, noch von dem immunologischen Schutz der Muttermilch profitieren – der mit der Beifütterung beginnende Vorstoß zu den Nahrungsquellen der Erwachsenen ist schließlich immer auch ein Vorstoß in eine neue Keimwelt. Noch heute ist für das Überleben von Kleinkindern unter marginalen Bedingungen ganz entscheidend, wie lange sie (zusätzlich zur Beifütterung) gestillt werden.

Ob langes Stillen unter den hiesigen Überflussbedingungen noch gesundheitliche Vorteile bringt, lässt sich nur schwer sagen. Sichere und für Kleinkinder gut verwertbare Eiweiß- und Zuckerquellen liegen in allen Supermarktregalen bereit, und durch die gute Hygiene sind auch die immunologischen Vorteile der Muttermilch (vor allem der Schutz vor Durchfallserkrankungen) längst nicht mehr so entscheidend. Dennoch gibt es Hinweise, dass sich das Abwehrsystem länger gestillter Kinder möglicherweise günstiger entwickelt. So ist bekannt, dass gestillte Kinder seltener wegen Durchfallserkrankungen stationär aufgenommen werden müssen, weil insbesondere Rotavirus-Infektionen bei ihnen milder verlaufen. Dieser Effekt lässt sich auch bei 6 bis 12 Monate alten Säuglingen nachweisen – ob er allerdings auch für ältere Kinder gilt, ist unbekannt. Intensiv diskutiert wird der Einfluss des Stillens auf das spätere Risiko an einer Autoimmunerkrankung wie Typ 1 Diabetes, Zöliakie oder auch multipler Sklerose zu erkranken. Dabei zeigen einzelne Studien einen schützenden Effekt durch längeres Gestillt-Werden, andere dagegen können einen Zusammenhang nicht nachweisen (aktuelle Zusammenfassung hier). Dass Stillen auch vor Allergien schützen kann, ist zwar plausibel, jedoch wissenschaftlich ebenfalls nicht eindeutig zu beantworten.

Die psychische Seite des Langzeitstillens

Viele Mütter und auch manche Psychologen sind darüber besorgt, ob langes Stillen nicht der psychischen Entwicklung ihres Kindes schaden könnte – langes Stillen könnte das Kind »verwöhnen« oder in seiner Entwicklung hin zu mehr Selbstständigkeit behindern.

Dies ist aus evolutionärer Sicht nicht plausibel: körperliche Nähe und langes Stillen gehörte zu 99% der menschlichen Geschichte zu den unverhandelbaren Schutz- und Lebensbedingungen kleiner Kinder, die erst mit der Geburt des Geschwisterkindes nach durchschnittlich 3 bis 4 Jahren vom mütterlichen Schoß (und ihrem tragenden Rücken) in die gemischtaltrige Kindergruppe und das weitere soziale Netz des Clans „katapultiert“ wurden. Es ist nicht anzunehmen, dass dieser arttypische Standard in irgendeiner Weise für die seelische Entwicklung schädigend wirkt.

Dies sieht auch der weltweit größte Verband von Kinderärzten, die American Academy of Pediatrics, so. Nach einer eingehenden Auswertung der wissenschaftlichen Literatur kam sie zu folgender Stellungnahme: »Es gibt (…) keine Hinweise auf schädliche Effekte auf die Psyche oder die Entwicklung des Kindes, wenn ins dritte Lebensjahr hinein oder länger gestillt wird.« Auch die Nationale Stillkommission Deutschlands betont, dass „Beikosteinführung nicht mit Abstillen gleichzusetzen ist. Der endgültige Zeitpunkt des Abstillens ist eine individuelle Entscheidung, die gemeinsam von Mutter und Kind getroffen wird.“ Aus kinderärztlicher Sicht gibt es somit keine wissenschaftlich haltbare Kritik am „Langzeitstillen“, und auch die Meinung mancher Psychologen, das lange Stillen schaffe eine ungesunde Bindung zur Mutter, muss damit hinterfragt werden.

Dies ist auch aus evolutionärer Sicht plausibel. Dass Kinder selbstständig werden, war unter den evolutionären Bedingungen der Vergangenheit nicht weniger vorteilhaft als heute, und es ist nicht anzunehmen, dass die in allen ursprünglichen Gesellschaften zu beobachtende lange Stilldauer dieses Ziel torpediert. Studien, die die Selbstständigkeit lange gestillter Kinder aus traditionellen Gesellschaften mit der sozialen Kompetenz und Selbstständigkeit nur kurz oder gar nicht gestillter westlicher Kinder verglichen, zeigten jedenfalls eine höhere Selbstständigkeit bei den Kindern aus traditionellen Gesellschaften.

Fazit

Dass Langzeitstillen im Rahmen des arttypischen evolutionären Standards von etwa 2 bis 5 Jahren „schädlich“ sei, ist aus Sicht der Humanethologie nicht plausibel. Auch aus kinderärztlicher Sicht sind Nachteile nicht anzunehmen, solange die Kinder wie empfohlen beigefüttert und ernährt werden. Diese Position wird auch von den kinderärztlichen Fachverbänden vertreten.

Dieser Beitrag beruht auf dem Buch des Kinderarztes und Wissenschaftlers Dr. Herbert Renz-Polster: „Kinder verstehen. Born to be wild - wie die Evolution unsere Kinder prägt". Es beschreibt die Entwicklung der Kinder aus dem Blickwinkel der evolutionären Verhaltensforschung.
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20 Kommentare

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  • Jennifer

    Das Bild in der Times wirkt auf mich auch verstörend und das ist wohl auch seine Absicht. Ich ärgere mich, überhaupt einen Blick auf diesen Artikel geworfen zu haben.

    Danke für Ihren Artikel, der das Stillen über die ersten Lebensmonate hinaus wieder ins rechte Licht rückt.

  • Astrid

    Lieber Herr Renz-Polster,
    ich konnte leider nicht voll stillen, weil ich trotz 6 Monaten Kampf mit der Milchpumpe nie genug Milch hatte und seit mein Sohn 6 Monate alt ist, wollte er gar nicht mehr an der Brust trinken und ich habe abgestillt. Mir tut das immer noch unheimlich weh, ich hätte mir so gewünscht, mein Kind richtig ernähren zu können. Mein Sohn ist jetzt 10 Monate alt, isst tagsüber mit gutem Appetit Brei und erste Familienkost, aber nachts braucht er noch 2 bis 3 Flaschen Pre-Nahrung. Unser Kinderarzt findet das ganz falsch, er meint, ich soll damit aufhören, mein Sohn wäre zu alt dafür und würde davon nur Verstopfung bekommen. Es stimmt, er hat wirklich Verdauungsbeschwerden, aber ich kann ihn doch nicht hungern lassen, wenn ich versuche, nachts die Milch zu reduzieren, weint er vor Hunger. Würde ich noch stillen, dürfte er doch nachts auch trinken. Können Sie mir einen Rat geben?

    • Patricia

      Hallo Astrid, ich wurde zwar nicht angesprochen aber ich möchte trotzdem gerne antworten : Mein Sohn wird jetzt 1 jahr und ich selber stille noch sehr viel, vorallem nachts ( ca alle 2 stunden). Das wird auch noch so bleiben, wie ich denke das er es noch braucht, bzw ich mich damit nicht überfordert fühle.
      Es ist ein Irrglaube, das Kinder ab 6 Monaten nachts keine Nahrung mehr brauchen. Nachts verarbeiten sie ihren Tag, auch da ist das Gehirn besonders aktiv. Dazu kommt, dass Kinder in der Regel erst mit 3 – 5 anfangen durchzuschlafen. Vorher brauchen sie noch die Rückversicherung von uns das alles gut ist und das geht am besten in dem Ihre ursrunglichsten Bedürfnisse gestillt werden Körpernähe und nahrungsversorgung. Der Geschmack von Milch ist vertraut und beruhigend.
      So jetzt zu meinem Rat: vertrau auf deinen Instinkt! Der hat in der Regel recht. Du weißt am besten was dein Kind braucht und glaub mir, 10 Monate ist noch klein, es muss noch so viel wachsen und leisten und dafür braucht es Energie.
      Bei den verdauungsproblemen kann es such eine andere Ursache sein, evtl viel Möhre im essen oder ähnliches…
      Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen und bitte entschuldige das durcheinander an Groß- und Kleinschreibung.

    • Herbert Renz-Polster

      Es tut mir leid, ich komme erst jetzt zum Antworten. Dass es nicht so läuft, wie wir es gerne hätten ist Teil des Elternprogramms, ich kenne es auch. Also manches läuft einfach nicht nach Plan, anderes dafür gut, und Ihr Muttersein hat ja so viele Dimensionen über das Stillen hinaus. Da dürfen Sie für das Entgangene traurig sein, aber dabei nicht stehen bleiben, ja? Zum Thema selbst hat Patricia das Wichtigste gesagt (https://www.kinder-verstehen.de/mein-werk/artikel/langzeitstillen-wo-ist-das-problem/#comment-2633) – dem schließe ich mich an. Danke!

  • kati

    Kinder, die durch Kindergärten oder Tagesmütter fremdbetreut werden, sollten abgestillt in die Eingewöhnung gehen. Sie schreiben ja selbst, dass die Frau, wenn sie alleine aufs Feld muß, abstillt.
    Leider benutzen viele Mütter das Stillen als Wiedergutmachung für ihre “Trennung” bzw. Loslösung vom Kind. Also sie gehen arbeiten mit schlechtem Gewissen und stillen das Kind dann nachts oder direkt nach Rückkehr als Versuch der Wiedergutmachung. Das verwirrt und sorgt nicht für eine sichere Bindung. Sicher gibt es auch Kinder, die damit umgehen können, aber selten und oft sind sie dann so autonom, dass das Stillen nicht mehr wirklich nötig ist. Wir machen intensive Elternarbeit auf Augenhöhe, aber ich muß feststellen, die Arbeit mit Kinder unter 2,5 Jahren macht aufgrund der Bedingungen in den Einrichtungen und der vielen verwirrten, unentschiedenen Mütter, keine Freude mehr. Aber das ist ein anderes Thema.

    • Julia

      Liebe Kati,
      ich kann dir da leider nicht zustimmen. Ich stille und habe vor über einem Jahr wieder angefangen zu arbeiten. Meiner Tochter hat das Stillen nach dem Abholen und auch nachts immer sehr gut getan. Für sie ist es ein Leichtes zu lernen, dass es bei mir Milch gibt, und bei der anderen Betreuung eben nicht.
      Anfangs hat sie immer sehr ausführlich gestillt nach meiner Rückkehr. Aber das hat sich eingependelt. An den Tagen, an denen ich dann zu Hause war, habe ich eher mehr gestillt.

      Die Verbindung zur Mama definiert sich ja nicht ausschliesslich durch das Stillen. Auch ohne Stillen ist es für die Kinder doch ein Unterschied, ob die Mama etwas mit ihnen macht oder jemand anderes. Das meine ich ganz ohne das werten zu wollen. Kinder entwickeln mit anderen Bezugspersonen ihre eigenen Rituale. Vollkommen unabhängig vom Stillen.

      Viele Mütter wissen vielleicht gar nicht, dass es auch für die Milchbildung kein Problem ist, wenn sie an einem Tag mehr stillen, weil sie mit dem Kind zu Hause sind, und an anderen Tagen gar nicht, weil sie dann arbeiten.

      Ich nehme an, dass jedes Kind ein dem alter entsprechendes Wiedersehensritual mit seiner Mama hat. Für die einen ist es Stillen, für die anderen nicht.

  • Eine anonyme Langzeitstillerin

    Armes Deutschland…
    …gerade würde mir von einer Caritas Beratungsstelle mitgeteilt, dass Langzeit-stillen mit Kindesmissbrauch gleichzustellen wäre… das Kind ist 4 Jahre…
    Da kann man nur den Kopf schütteln…

  • Christine Dargel

    Lieber Dr. Renz-Polster,

    vielen Dank für diesen Artikel. Er spricht mir aus der Seele. Ich hab selbst gerade so einen Dauer-Druckknopf von 5 Monaten. Er mag alle Stunde an die Brust und schläft auch oft mit Brust im Mund in der Trage. Mir persönlich macht es nichts aus, da ich das Stillen und die Nähe als sehr schön empfinde. Allerdings muss ich mich in meinem Umfeld ständig rechtfertigen und werde regelrecht bemitleidet ?‍♀️. Mit Sicherheit liegt dies wieder an diesem bekloppten sozialen Vorstellungen bezgl des Stillens. Dem Himmel sei Dank steht mein Mann zu 100% hinter mir (sonst könnte ich aber auch nichts mit ihm anfangen ?). Dieser Artikel sollte groß und breit als Riesenplakat hängen und sämtlichen Medizinstudenten und auch Hebammen (!!!) zur Pflichtlektüre werden. Denn leider verbreiten auch Hebammen immer noch den „alten Muff“!

  • Überzeugte Stillmami

    In meinem Bekanntenkreis, alle Kinder sind nun zwischen 16 und 17 Monate alt, bin ich die einzige, die noch stillt. Ich werde auch dauernd darauf angesprochen, ob ich nicht vor habe abzustillen, dass ich das vor der Eingewöhnung (in 2 Monaten) noch machen solle etc…
    Ich habe schon mal einen Abstillversuch gestartet, der in verzweifeltem, nicht enden wollendem Weinen meiner Tochter endete und ich mich einfach nur schlecht fühlte. Wir haben es dabei belassen.
    Sie isst alles und viel und soweit ich das beurteilen kann, habe ich nittlerweile auch gar nicht mehr so viel Milch, d.h. sie trinkt sich nicht als eine Mahlzeite satt. Sie kommt am Tag zwischen ihren Spielsequenzen und in der Nacht immer mal wieder an. Ich habe das Gefühl, sie genießt dann einfach diese Nähe und braucht das Kuscheln und Nuckeln zum Runterkommen. Mit ihrem Papa kuschelt sie auch einfach so, schläft in seinem Arm. Uns stört es nicht und ich sehe zurzeit auch keinen Grund, warum wir etwas ändern sollten. Und irgendwann wird sie soweit sein, dass wir es entspannt lassen können.

  • Stillmama

    Lieber Herr Renz-Polster,
    Ich habe meinen Sohn mit zwei Jahren abgestillt. Die Stillzeit war für uns beide wundervoll, aber es wurde mir körperlich zu anstrengend und obwohl er gerne noch weiter gestillt hätte, ging das Abstillen mit liebevoller Erklärung schnell und problemlos.
    Kurz vor seinem dritten Geburtstag kam sein Bruder, den ich seit nun knapp einem Jahr stille. Mein Sohn durfte noch einmal Brustmilch aus einem Glas probieren, fand sie aber ekelig und das Thema war erledigt.
    Nun, mit knapp vier, entdeckt er gerade seinen Körper und zeigt eine starke Faszination für Brüste. Er fasst seiner Oma beim Toben bewusst an die Brust, starrt auf Plakate mit Frauen im Bikini und mir beim Stillen auf die Brust. Auf meine Rückfrage erklärte er, dass er die Brust einfach schön findet.
    Ich bin etwas verunsichert und habe die diffuse Angst, das lange Stillen habe ihn zu sehr auf Brüste fixiert. Oder ist das ganz normal beim Entdecken seiner Sexualität? Er schläft noch immer mit uns im Familienbett, weil er sehr ungern allein ist. Sind jetzt Veränderungen nötig? Können Sie mir vielleicht ein Buch dazu empfehlen?

    • Herbert Renz-Polster

      Ich sehe darin keine Pathologie sondern eine einem 4-jährigen Kind absolut zustehende – wie Sie richtig sagen: Faszination. HRP

  • Andrea Burri

    Danke für die ethnologischen wissenschaftlichen Hintergründe des Stillens! Diese Sicht ist hilfreich für mich, da ich durch mein Umfeld manchmal gedrängt fühle, endlich abzustillen. Unser Sohn ist jetzt 18 Monate alt und das Stillen ist für ihn im Moment nicht wegzudenken. Danke auch meinem Partner, der mich bestärkt beim Langzeitstillen.

  • Anna

    Danke, liebe kommentierende Frauen, und danke, lieber HRP. Stillen – war und bin ich froh, dass ich eine “späte Erstgebärende” war, mit gerade noch 38: Stillen haben meine Tochter und ich uns mit Hilfe einer erfahrenen Hebamme zu Hause zurückerobert, nachdem mir nach dem Caesarius von den Schwestern gesagt wurde, mein Kind nehme zu sehr ab und mit Kaiserschnitt könne frau eh nicht richtig stillen. Fast acht Wochen Training, dann völliger Umstieg aufs Stillen. Und – trotz Krippe für’s Kind mit 2 ½ Jahren wegen meiner Berufstätigkeit – haben wir, bis sie 3 ½ Jahre alt war, gestillt, zur beiderseitigen Zufriedenheit. Natürlich eher abends und für Nähe und Wohlbefinden. Dann war es auch gut, ganz ohne Tricks, sondern konsensuell. Meinem Kaiserschnitt-Kind hat’s fürs Immunsystem bestimmt gut getan, und uns für die Beziehung nach Abwesenheit tagsüber auch. – Mein Mann – der das Neugeborene im Arm hielt, während ich nach dem C zugenäht wurde – hat mir voll vertraut und hatte ein inniges Verhältnis zur Tochter. (Natürlich habe ich beobachtet, gesprochen, gelesen, nachgedacht zu dem, was wir/ ich tue/n) Alle wohlmeinenden Ratschläge waren mir sowas von egal, in meinem Alter. 🙂 Welches auch unabhängig macht.

  • Kerstin

    Lieber Herr Renz-Polster,

    in unserem Zahnarztvorsorgeheft der Kinder steht “nächtliches Stillen” unter Risikofaktoren für Karies.

    Was ich an Artikeln gelesen habe ist zweigeteilt (tendenziell eher, dass das nicht stimmt).
    Haben Sie dazu Informationen?

    (P.S.: Vielen Dank für Ihre vielen großartig recherchierten Artikel!)

    • stillende mami

      Hallo,
      mich würde das Thema Stillen und Zahngesundheit auch sehr interessieren!
      Meine Tochter ist 23 Monate und wird noch “nach Bedarf” gestillt, d.h. vor und nach dem Schlafen (Nachts und Mittags) und während der Nacht 1-3 mal. Ich habe noch reichlich Milch und das Stillen ersetzt quasi die kleinen Zwischenmahlzeiten (insbesondere Nachmittagssnack).
      Leider hat die Kleine Karies; die Kinderzahnärztin sieht die Ursache beim Stillen.
      Ohne Stillen einschlafen ist im Moment nicht vorstellbar und ein abstillen fühlt sich für mich als Mutter im Moment ganz falsch an. Ich spüre, wie wichtig das Stillen für meine Tochter ist, zum einen wegen der Nahrung, aber auch (und insbesondere) wegen der Nähe. Mir gibt es zudem die Gewissheit, dass sie mit alllem Versorgt wird, was sie braucht, sollte mal der Apfel nicht aufgegessen worden sein, oder ähnliches.
      Mein Partner unterstützt das Stilen leider gar nicht mehr, seit wir bei der Zahnärztin waren.
      Ich würde mich über weitere Kommentare/Anregungen/Erfahrungsbericht zum Thema Karies freuen.
      Abschliessend auch von meiner Seite danke für den tollen Artikel.

  • Rose

    Lieber Herr Renz Polster, ich stille meinen 23 monatlichen Sohn und muss leider sehr mit heftiger Kritik von meiner französischen Familie kämpfen. Meine Mutter hat sich auf Studien und Stellungungsnahmen von französischen Psychologen und Psychiater bezogen, die behaupten, dass wenn das Kind sich noch an die Stillzeit erinnert, dass es wohl zu sexuellen Störungen in seinem erwachsenen Alter führen kann. Nun kann ich diese Studien nicht finden. Ist Ihnen diese These bekannt und wissen Sie, ob sie fundiert ist? Mein Sohn hat mir übrigens heute gesagt „Mama trinken, glücklich“.

    • Sarah

      Lieber Herr Renz-Polster,
      vielen Dank für den Artikel! Ich stille meine Tochter mit über drei Jahren immer noch. Ich hatte einfach nie die Motivation ab zu stillen, es gehört bei uns zum kuscheln dazu und die Antiköper, die sie dadurch noch von mir bekommt, tun ihr sicher auch gut. Inzwischen hat sie einen kleinen Bruder – der Säugling hat natürlich Vorrang, aber wenn genug da ist, darf sie auch noch mit trinken. Meine Hebamme hat mich damals glücklicherweise gut darin unterstützt und mir erklärt, dass es kein Problem ist, noch zu stillen, wenn man tatsüber arbeitet. Der Körper gewöhnt sich schnell daran, dass nicht rund um die Uhr gestillt wird. Während der Elternzeit meines Mannes habe ich fünf Monate voll gearbeitet und wenn ich heim kam, gab’s zum Kuscheln eine Runde Milch, zum einschlafen und einmal nachts. Das hat sich nach und nach ausgeschlichen, inzwischen nur noch 0-2 mal tatsüber beim kuscheln – je nach Situation. Und nur zuhause, nicht mehr in der Öffentlichkeit und wenn Besuch da ist. (Im Gegensatz zum Säugling, der wird natürlich immer bei Bedarf gestillt). Sie hat ganz normal mit fünf-einhalb Monaten angefangen zu essen, die Muttermilch ist nicht mehr relevant für ihre Ernährung. Sie ist mit 13 Monaten in die Kita gekommen und hat sich dort von Anfang an sehr wohl gefühlt und einen guten Kontakt zu ihren Erzieherinnen. Ich sehe nicht, wie das Stillen hier ein Problem hätte darstellen sollen. Milch gibt’s bei der Mama, bei allen anderen Bezugspersonen (Papa (5 Monate Elternzeit!), Großeltern, Erzieherinnen) halt nicht. Eingewöhnung hat übrigens auch der Papa gemacht.
      Ich gebe aber zu, dass ich das inzwischen auch nicht mehr so groß rum erzähle, weil es doch viele Menschen gibt, die es befremdlich finden. Trotzdem fühlt es sich für mich genau so richtig an. (Übrigens hatte ich so mit Baby Nr. 2 einen super guten Stillstart ohne wunde Brustwarzen etc..)

  • Mua

    Und was ist wenn das Kind mit 4 super viel gestillt werden will und kaum essen will? Ist dann zwangsabstillen angesagt oder dennoch weiterstillen?

  • Wolf

    Es wäre so schön, wenn Kinderärzte mehr Ausbildung in Sachen Kinderernährung und Stillen hätten. Wenn sie mehr als ein halbes Jahr stillen, wird schon angesprochen, dass man langsam abstillen sollte. Ab dem ersten Geburtstag wird man fast schon drangsaliert. An allem was das Kind hat, ist das Stillen schuldig. Kind hat Magen Darm? Stillen sie ab. Kind isst nicht gut-stillen sie ab (nachdem danach nichts besser wurde, hat man endlich das Kind untersucht und einen Eisenmangel festgestellt), das Kind schielt-stillen sie ab,…kann man endlos weiter führen. Und leider wird einem (zumindest hier in Baden-Württemberg) vom Arzt bei der U3 der Landesratgeber für Beikost als Aufgabe überreicht. Dieser ist nichts anderes als ein moderner Abstillplan mit Breigläsern. Und auch da: es ist ungesund und gefährlich dem Kind keinen Brei, sondern richtiges Essen zu geben-laut vielen Kinderärzten. Von Baby led weaning -oder wie Großmutter sagte: lass es halt vom Tisch mit essen-völliges abraten mit Prophezeiungen von Kindstot durch Ersticken…und da sollen Mütter und Väter nicht verunsichert werden? In einer Welt, wo viele das erste Mal ein Baby in der Hand haben, wenn sie Eltern werden?
    Oder veraltete Aussagen Erzieherinnen, dass abgestillt sein muss, wenn das Kind in die Krippe kommt. Ich kann nur von meinem und den Kindern im persönlichen Umfeld sprechen: das stillen davor und danach erdet die Kinder, lässt den Stresspegel sinken, gibt ihnen Energie und Sicherheit-um auch im Krippenalltag kooperativ zu agieren. Hingegen wenn das Kind da noch Flasche bekommt, ist das überhaupt kein Problem. Egal ob beim Arzt oder in Betreuung. Kind schläft mit 1,5 nicht durch? Völlig normal. Wenn sie stillen, sollen sie abstillen. Wenn sie Flasche geben, und wenn es 3-5 in der Nacht sind-kein Problem. Es ist so absurd, wie stillen für alles negative herhalten muss und erst wenn das nicht Verbesserung bringt nach Ursachen geschaut wird…
    Wir stillen auch mit bald 3 Jahren nach Bedarf. Meistens abends zum einschlafen. Durch zwei Wochen fiebern konnten wir damit das Kind gut versorgen, vor allem als es zu schwach zum Essen war und wenig trank. Freunde konnten die Zeit im kh beim Rsv verkürzen,…stillen ist aber auch so viel mehr als nur Nahrungsaufnahme. Und das wird gern vergessen. Wir kuscheln uns doch auch gern an unseren Partner, wenn wir nach einem harten Tag nach Hause kommen…

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