Kooperation im Kleinkindalter – Helfen aus eigener Initiative
Von Judith Polster
In Untersuchungen stellen Forschende fest, dass europäisch-stämmige Kleinkinder anfangs eine starke Initiative zeigen anderen zu helfen, diese jedoch im Laufe der (späten) Kleinkindzeit verlieren. Dies steht im Gegensatz zu vielen Kindern weltweit, die weiterhin freiwillig und gerne helfen.
Hier haben Wissenschaftler*innen Mütter aus der gleichen Region in Kalifornien befragt, ob ihre Kinder Zuhause aus eigener Initiative mithielfen. Also ohne die Kinder dazu aufzufordern oder ihnen eine Belohnung zu versprechen.
Die Antworten unterschieden sich in den verschiedenen Communities sehr:
Kinder in der indigen-stämmigen mexikanischen Gemeinschaft beteiligten sich schon im Kleinkindalter häufiger freiwillig an Alltagsaufgaben (85 % der Kinder taten dies) – dies nahm mit steigendem Alter zu (auch die Komplexität der Aufgaben nahm zu). Während die freiwillige Hilfe der Kinder in den Haushalten von US-amerikanischen Mittelschichtsfamilien mit steigendem Alter deutlich abnahmen (bei den 6 bis 7-jährigen Kindern halfen nur noch 25 % aus eigener Initiative. Auch waren die Aufgaben kaum komplexer als die der Kinder im Kleinkindalter).
Wieso?
Dazu gibt es verschiedene Erklärungsversuche:
In westlich geprägten Haushalten werden Kleinkinder oft daran gehindert, mitzuhelfen. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass Eltern versuchen, ihre Kleinkinder mit anderen Aktivitäten abzulenken, damit die Eltern ungestört den Haushalt führen oder arbeiten können, oder den Großteil der Hausarbeit erledigen, wenn die Kinder schlafen oder außer Haus sind. Den Kindern werden dadurch also Möglichkeiten genommen, um die Eltern dabei zu beobachten, aber auch um diese nachzuahmen und die Aufgaben selbst zu üben.
Dies könnte daran liegen, dass Eltern die Hilfe der Kinder nicht als Lernmöglichkeit für die Kinder anerkennen.
Häufig erhalten Kinder „vorgetäuschte“ Aufgaben, die keinen echten Mehrwert für die Familie haben (etwa ein Obst und Gemüse-Holz-Set mit Holzmesser, um das Schneiden zu üben). Da aber fehlt den Kindern dann eine echte, instrinsische Motivation – Kinder WOLLEN ja dazugehören, sie WOLLEN Teil des Teams werden, sie WOLLEN einen Beitrag leisten (was nicht heißt, dass dieses Holzset den Kindern keine Freude bereiten kann. Nur, um Kooperation zu erlernen, brauchen sie mehr – mehr aus dem echten Leben).Ein weiteres Problem besteht darin, dass Eltern die kooperativen Gesten ihrer Kinder nicht immer richtig interpretieren. Viele US-amerikanische Mütter gaben an, dass ihre zwei- oder dreijährigen Kinder noch nicht in der Lage wären, eigeninitiativ oder effektiv zu helfen. Dies steht im Widerspruch zu Forschungsergebnissen
, die zeigen, dass auch westliche Kleinkinder hoch motiviert sind zu helfen – dafür dann aber auch die entsprechenden, für das Kind sozusagen „barrierefreien“ Lern- und Übungsgelegenheiten brauchen.Damit wären wir auch beim Problem einer für das kindliche Mitmachen teils ungeeigneten, wenig einladenden und teils sogar mit Gefahren behafteten häuslichen Umwelt, wie beispielsweise sterile Umgebungen, welche nicht dreckig werden dürfen, Schränke und Schubladen, welche hoch angebracht sind, elektronische Geräte, welche zu gefährlich für die Kinder sind oder ihnen keine Lernanreize bieten. Eine moderne, effiziente Einbauküche verhält sich zum kindlichen Bedürfnis nach Wirksamkeit tatsächlich wie Senf zum Marmeladebrot.
All dies führt mit dazu, dass die Kinder irgendwann die Lust daran verlieren, den Eltern zu helfen, da sie nicht das Gefühl haben, einen echten Beitrag zu leisten oder auch schlichtweg nicht auf ihre Kosten kommen, was Neugier, Lernen oder generell Wirksamkeitserfahrungen angeht.
Ein Problem ist zudem, dass die Aufgaben nicht „mitwachsen“, wenn die Kinder älter werden. Für ein Kleinkind mag das Ausräumen der Spülmaschine spannend sein, für das ältere Kind stellen die lange geübten und bekannten Abläufe dann keine Herausforderung mehr dar.
Damit besteht gerade in der mittleren Kindheit bei den häuslichen Tätigkeiten eine „Wirksamkeitslücke“ – die einfachen Tätigkeiten sind für das auf Dazulernen gepolte Kind langweilig (es sei denn, sie seien in lohnende Gemeinschaftserfahrungen eingebunden) die komplexen Tätigkeiten dagegen überfordern das Kind, da es die Lernmöglichkeiten dafür kaum bekommen hat und gelernt hat: “Das können nur Erwachsene machen”. So können Vierjährige hierzulande häufig noch kein Butterbrot selbst schmieren, während Vierjährige in der indigenen Gemeinschaft Maniq in Thailand eigenständig ein kleineres Tier jagen, häuten und für die Gemeinschaft zubereiten können.
Gleichzeitig wünschen sich die Eltern spätestens ab der mittleren Kindheit mehr Eigeninitiative und Unterstützung von ihren Kindern und versuchen, ihre Kinder dazu zu bekommen, mehr zu helfen. Doch das wird umso schwerer, wenn die Kinder nicht von Anfang an in diese Rolle hineingewachsen sind. Kein Wunder wird die häusliche Kooperation dann oft zu einem Kampf-Thema.
In der mittleren Kindheit haben die Kinder dann meist schon ihre Rolle in der Gemeinschaft verinnerlicht: Zuhause sorgen meine Eltern für mich, meine Aufgabe besteht darin, sie nicht dabei zu stören. Das Umlernen dieser Rolle zu einer Rolle als Teil der Gemeinschaft, der Familie, des Teams – in dem man GEMEINSAM für ein gutes Zusammenleben sorgt, ist dann oft mit vielen Hürden und Mühen verbunden. Auch, weil die Kinder viele Kompetenzen dafür ganz neu erlernen müssen, sie noch nicht wissen, welche Aufgaben täglich anstehen und auch nicht gelernt haben, aufmerksam auf ihr Umfeld zu achten und dann auch Initiative zu ergreifen („Oh, der Boden ist aber dreckig – dann hole ich den Besen und fege schnell“, oder: „Mein Vater kocht gerade und ist im Stress, dann schnappe ich ein Messer und helf ihm, die Tomaten zu schneiden“…).
All dies können Kinder bereits im Kleinkindalter lernen. Indem sie von Anfang an in die Gemeinschaft und ihre Rolle in der Gemeinschaft hineinwachsen. Dann wird das Helfen zur Selbstverständlichkeit und dadurch wird auch die Verbundenheit der Familie gestärkt: Wir führen zusammen dieses Projekt und gestalten das Leben gemeinsam.
Aus Beobachtungen und Befragungen in indigenen Gemeinschaften ergeben sich folgende Ansätze, um Kleinkinder in das “Team Familie” zu integrieren:
- Mithilfe als Lernfeld für die Kinder betrachten
- Auf Hilfsangebote der Kinder achten und darauf eingehen
- Kleinkindern immer wieder kleine Aufgaben geben und ihre Aufmerksamkeit dahin lenken, wo Dinge anstehen („Oooh – ist der Boden hier dreckig. Komm, wir holen den Besen. Nimmst du den Kehrwisch?“ „Ist da Kakao ausgekippt? Geh schnell einen Lappen holen!“ „Haben alle fertig gegessen? Gut, dann räumen wir das in die Spülmaschine“ „Guck mal, Mama bringt Müll raus, der war ja ganz voll“)
- Kindern von Anfang an Möglichkeiten bieten, um zu beobachten und auch selbstgesteuert zu üben
- Dafür brauchen Kinder Zeit und Raum – also Gelegenheiten, selbstgesteuert und in ihrem Tempo auszuprobieren und zu lernen (ohne, dass ein Erwachsener jeden Handlungsschritt kommentiert oder z.B. die Hand des Kindes führt)
- Die Hilfe der Kinder nicht forcieren, sondern die Kinder immer wieder ermutigen und ihre Hilfe anerkennen
- Kindern viel zutrauen! Nur so können sie dazulernen und wachsen
- das häusliche Umfeld und Abläufe so gestalten, dass sie für Kinder überschaubar und handhabbar sind.
- evtl. Materialien bereitstellen, welche für die Kinder leicht zu handhaben sind (Kindermesser, kleiner Besen, kleine Gießkanne etc.)
- Materialien für die Kinder zugänglich platzieren
- Familie als ein gemeinsames Projekt, ein gemeinsames Team betrachten, das auch Aufgaben gemeinsam anpackt
Susanne Bregenzer
Liebe Judith
ein schöner Artikel, danke dafür.
Unsere Kinder durften von Anfang an viel tun, die Küche war sowieso nie “geschleckt” und dennoch ist der Effekt eingetreten, dass sie inzwischen meinen, das Beste ist es, sich unsichtbar zu machen, sobald Hausarbeit “ruft”
der typische Kampf hat schon vor Jahren begonnen.
Ich frage mich, ob da noch andere Faktoren mitzählen. Zum Beispiel meine eigene Unlust auf Hausarbeit (Kinder spüren ja alles, was ich so ausstrahle), mein Frust darüber, dass mir keiner hilft – das ist ein Teufelskreislauf
und zum anderen, ob in diesen genannten Indigenen Völkern die Wichtigkeit noch viel spürbarer ist, dass jeder gebraucht wird. Wir können hier in einen Supermarkt gehen und uns das Essen nach Hause holen, wir müssen es nicht erlegen. Es gibt niemals Hungerzeiten und es gibt sogar viele Erwachsene, die sich nicht sichtbar in die Gesellschaft einbringen und trotzdem prächtig leben.
(selbst wenn ein Elternteil am Computer arbeitet ist das keine sichtbare Arbeit für ein Kind)
lg
Susanne
Judith
Hallo Susanne,
Lieben Dank! DIe Übertragungsfrage ist natürlich super komplex. Ich bin trotzdem überzeugt, dass uns der Blick in diese Gemeinschaften viele Anregungen geben kann (zumindest beeinflussen mich meine diesbezüglichen Recherchen täglich bei der Erziehung meines Kleinkindes). Spannend finde ich da besonders die kulturvergleichenden Arbeiten, welche in der gleichen Region entstanden sind. Die Lebensrealitäten der Familien unterschieden sich also gar nicht so sehr voneinander, die Erziehung jedoch schon (z.B. die hier angeführte Studie von Coppens & Rogoff in Kalifornien, oder auch von Alcala et al in Guadalajara. Bei der letzteren auch interessant, dass die Kinder alle tagsüber in die Schule gingen, der Einfluss des Elternhauses dennoch enorm groß war). Aber klar, es sind einfach immer so viele Faktoren die sich gegenseitig beeinflussen (die Unlust der Erwachsenen bei der Hausarbeit ist bestimmt ein unterschätzter Faktor ;)) LG!
Susanne Bregenzer
Liebe Judith
tolle Arbeit, die du da leistest – zum einen zu forschen und zu übertragen und dann natürlich mit deinem eigenen Kind.
Sehr spannend und ich freue mich auf mehr. Das ist ein echt “heißes” Thema, finde ich und ich bin wirklich dankbar über neuen Input.
Ich erziehe drei Jungs, 9, 11 und 13 und für mich war auch immer klar, dass das männliche Vorbild wichtig ist. Und so hab ich an der “Front” sehr viel eingesetzt, dass mein Mann mithilft. Er kommt wiederum aus einer Familie, in der die Mutter alles macht und der Vater bis heute auf dem Sofa sitzt und ohne Teller Kuchen isst.
Vielleicht ist das aber auch nochmal ein Hinweis für dich? Birkenbihl sagt, wir sind seit 5 Generationen praktisch Vaterlos. Da war der Krieg und später die volle Berufstätigkeit, sodass die Väter erst jetzt aktiv in der Familie sind und oft mit ihrem Rollenbild zu kämpfen haben.
Byron Katie hatte dagegen diese Geschichte, dass sie wütend war, weil niemand mithilft, mit sich gearbeitet hat und dann angefangen hat, in aller Ruhe und mit fröhlichem Gemüt “die Socken aufzuheben” – das hat sie eine Weile getan, bis sie plötzlich bemerkt hat, dass auch ihre Kinder die Socken anfingen aufzuheben. (Socken als Sinnbild für Unordnung,..)
ganz liebe Grüße
Susanne
Judith
Sehr interessant! Ich hab mir das noch gar nicht so genau angeschaut, weil ich mich auf die Kleinkindzeit konzentriert habe und die unterschiedlichen Geschlechterrollen erst ab der mittleren Kindheit sichtbar wurden – da gingen dann auch die Kinder vermehrt den Tätigkeiten ihrer gleichgeschlechtlichen Vorbilder nach. Aber sehr spannend. Deine Mühen, deinen Mann mit in das Hausarbeits-Team zu bekommen, werden sich bestimmt auszahlen (vor allem, wenn er dem mit Freude nachgeht ;)). Danke für den Anstoß, finde das wirklich spannend.
Monika K.
Tolle Arbeit – Glückwunsch, und danke!
Marie
Liebe Judith,
Lässt du die Arbeit verlegen? Oder ist die im opac der Universität zu finden?
Ich finde den Inhalt der Arbeit nämlich für die Selbstwirksamkeitsentwicklung (nicht nur) in der Kita sehr interessant.
Auf jedenfalls kannst du mit deinem Vater gut mithalten. Ich freue mich auf mehr.
Herzliche Grüße
Marie
Judith
Hallo Marie,
Die Bachelorarbeit werde ich erstmal nicht veröffentlichen, aber es ist geplant, dass ich dazu was im kindergarten heute Magazin schreibe – das wird dann auch mehr auf die Praxis in der Kita ausgerichtet sein.
Und danke für das Lob! 🙂
Elisabeth
Ich muss Vollzeit mit drei Kindern arbeiten, und für mich ist dann der Tag einfach zu kurz um geduldig der 2 Jährigen im Haushalt etwas zu zeigen.. manchmal träume ich von einer Gesellschaft ohne dem ganzen westlichen Wahnsinn
Elisabeth
Zudem, denke ich, dass selbst bei indigenen Völkern die Kinder nicht immer willig sind. Allein deswegen, weil Kinder auf natürliche Weise ihre Grenzen austesten und ein ‚Auflehnen‘ gegen die Eltern einfach dazu gehört.. Es ist wohl selbstverständlich für die Eltern und dadurch, dass sie damit gelassener umgehen, auch kein großes Ding… Vorbild sein, begründen warum es wichtig ist, liebevoller Umgang und wenn man mal die Nerven verliert wieder darüber reden und nicht nachtragend sein… das sind meine Prinzipien :-))
Judith
Ja, sehe ich ganz genau so 🙂 Auch in den von mir untersuchten Gemeinschaften ist es ganz normal, dass die Kinder auch mal nicht wollen (ca 40 % der Aufforderungen der Erwachsenen gehen ins Leere), das wird dann auch von den Erwachsenen akzeptiert.
Nicole
Vielen herzlichen Dank für den wundervollen Beitrag. Ich hoffe auf mehr…..
Katja
Hallo, ein sehr spannender Beotrag mit wichtigen Impulsen. Was kann man tun, wenn das sprichwörtliche Kind schon in den Brunnen gefallen ist und die Mithilfe um Haushalt zum täglichen Kampf wird? Wir gehen den Konflikt oft nur am Wochenende ein, weil der Alltag in der Arbeits- und Schulwoche zu voll ist, dann braucht es weniger Kraft, die Dinge selbst zu erledigen, als sich noch darüber zu streiten.
Seit wir mehr von unseren Kindern verlangen, ist die Stimmung zudem insgesamt schlechter. Gibt es denn jetzt überhaupt noch Wege ohne Kampf und Belohnungssysteme die eh vollkommen wirkungslos sind hier)?
Ich würde mich über Ratschläge freuen!
Viele Grüße
Katja
Liiiv
Mir fällt es besonders schwer, auszuhalten, dass das Ergebnis dann nicht ganz so rein ist, wie ich es machen würde. Ich frage mich, ob meine 2,5 J alte Tochter merkt, dass ich das später korrigiere
Welli
Liebe Judith,
herzlichen Dank für diesen Impuls.
Der Beitrag zeigt doch auf das Vortrefflichste, wie Kinder in die Aufgaben der Eltern wachsen und sie fortführen – auf eigene Weise.
Ich rede natürlich von der Schriftstellerei oder Anwaltschaft der Kinder oder mal sehen, was sich daraus entwickelt bei der jungen Lady Polster…
Gratulation. Auch den Eltern. Denn die geben Vorbild.
Jale
So ein spannendes Thema, ganz herzlichen Dank für diese tolle Arbeit und wir freuen uns riesig auf MEHR!
Es ist so vielschichtig und wir sind ganz gespannt, was alles noch kommt 😊
weil wir hierzulande und heute nicht einfach die Blaupause der vorigen Generationen leben können, wie Jäger-Sammler-Gesellschaften, finde ich es schon sehr komplex, zum einen den Kindern im jeweiligen Alter genau das richtige Maß an Verantwortung zu übertragen, sie weder zu unterfordern (s.o.) oder zu überlasten bzw. zu parentifizieren (wie es mir als Jugendlicher ergangen ist, leider auch eher zu meinem Schaden). Bei den !Kung-San (hochmobil, wie ich erstmals von Ihrem Vater damals lernen durfte 🤓, und mir dann die Primärliteratur besorgen musste 😅) gab es offenbar sehr wenig “Haushaltspflichten” der Kinder (bzw. wenig Haushalt?) … und das Spektrum reicht dann bis zur im hiesigen Verständnis ausbeuterischen Kinderarbeit, bei der im Extremfall 5-Jährige den ganzen Tag in Steinbrüchen schuften, um die Familie mit über Wasser zu halten, durchaus aus Eigenmotivation und selbst empfundenem Verantwortungsgefühl…
Ich verstehe Euch so, dass ganz wesentliche Säulen die vertrauten, gemischtaltrigen Gemeinschaften sind und die “Haushaltsnähe”, Anschaulichkeit, Vielfalt und Handwerklichkeit der Aufgaben, die ganz unmittelbar dem Überleben und Wohlbefinden dienen.
Im häuslichen Bereich kann man an den Faktoren je nach individuellen Möglichkeiten drehen. Es erfordert “nur” die für westliche Familien kostbarsten Ressourcen von allen, Zeit und Gelassenheit (dass überhaupt kreative Ideen wachsen können, die Kinder einzubeziehen)
Aber wir bräuchten eigentlich auch viel mehr Einbeziehung ins leider unheimlich abstrakte Arbeitsleben, zB sowas wie die Möglichkeit, Kinder (stundenweise) auf die Arbeit mitzunehmen (mit entsprechenden Ressourcen auch dort), oder auch Familien-Co-Working-Spaces (und zwar den Leuten nicht irgendwie lieblos hingeklatscht, sondern gemeinsam mit Familien, mit denen sich man schon während Schwangerschaft und Babyzeit zusammentun kann und mit ihnen zurecht käme. Ich könnte mir vorstellen, dass das der Renz-Polster-Stamm gut hinbekommt, aber sowas sollte im Idealfall auf breiter Basis möglich werden -man wird ja wohl träumen dürfen 😉
Ich finde, bei Mehrgenerationen-Bauersfamilien kriegt man das Arbeitsumfeld und die Einbeziehung oft toll hin, von klein auf auf dem Traktor oder im Stall (die Tätigkeit ist haushaltsnah, handhabbar, handwerklich, anschaulich, unmittelbar dem Überleben bzw. der Nahrungsherstellung dienend), hier können eher andere “typisch agrarische” Faktoren die Entwicklung hindern (zB zuwenige Ressourcen der Eltern pro Kind, autoritäre Erziehung, Generationenzerwürfnisse)
Momentan wird jedenfalls sehr deutlich signalisiert, dass Kinder gesamtgesellschaftlich bei den meisten Vorgängen als “Sand im Getriebe” betrachtet werden, die die Effizienz nur stören 🙈 man muss also im Privaten seine Gegenwelt leben, im Idealfall mit ähnlich gestrickten Verbündeten 😉
FranziskaR
Sehr passend das Zitat eines Tuareg-Mädchens, welches man im Klimahaus Bremerhaven finden kann: “Wie alt ich bin? Ich weiß es nicht. Mutter sagt, zwei Hände voll Jahre. Wir zählen nicht die Jahre. Jeder ist so alt wie die Aufgaben, die er erledigen kann.”
Sonja 😊
Liebe Judith Polster,
vielen Dank für die tollen Anregungen!
Die Kinder sind an sich sehr verständig. Aber ich habe gemerkt, wir übernehmen zu viel. Wir haben uns das auf diese tollen Impulse hin gleich mal noch ein wenig mehr zu Herzen genommen mit dem Einbeziehen. Und tatsächlich waren die Kinder Feuer und Flamme. Das “Schwierigste” ist, tatsächlich richtig anspruchsvolle, aber nicht zu schwierige Aufgaben auszusuchen.
Die Große (7) hat gestern ganz alleine Nudeln und Tomatensoße für uns alle gekocht (dafür Zwiebeln und Karotten auch selber geschnitten und in Öl angedünstet, nur beim Hantieren mit heißem Wasser der Nudeln habe ich natürlich geholfen). Auch beim Einkaufen haben sie sich darum gerissen, wer jetzt abscannen, einladen und ins Haus bringen darf. Ich muss das wirklich noch viel mehr so machen. Tausend Dank für die tollen Anregungen!!! Megaklasse!!!