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Kommentar23. Mai 2017

@Wibke: Nein du, Ferber ist kein Softie…

Hallo Wibke, Du schreibst zur Ferber-Methode das:

Trotzdem ist es ein Unterschied, ob diese Alptraum-Methode an einem 3 Monate alten Säugling oder einem über 1jährigen Kind angewendet wird, so wie sie ursprünglich gedacht war und was bei der Übersetzung wohl verlorenging (?)

Ja, das wird immer wieder behauptet, dass Ferber sein “Training” erst ab 12 Monaten empfiehlt, aber das stimmt nicht und hat noch nie gestimmt. Richard Ferber steht bis heute zu seinen vor bald 50 Jahren entwickelten Vorstellungen (mit einer einzigen Ausnahme: seit Mitte der 2000er Jahre sieht er auch das Elternbett als gute Möglichkeit an, um für einen ruhigen Schlaf zu sorgen – er hat das, so legt es das Vorwort der Auflage von 2006 nahe, an seinen Kindern bzw. Enkeln gelernt).

Tatsache aber ist das: wer Ferbers Ratgeber liest, dem begegnet genau das gleiche, auf Kontrolle und Verhaltensmanipulation gerichtete Beziehungsbild wie bei Kast-Zahn (sie hat das meiste ja 1 : 1 von ihm übernommen, samt der Fallbeispiele). Hier eine kurze Zusammenfassung, für was Ferber steht (aus: Richard Ferber: Solve your child´s sleep problem, new, revised and expanded edition, 2006):

Alter für das “Schlaftraining”

Ja, er sagt das tatsächlich: Don´t start too young (S 96)! Beginne nicht zu früh! Damit meint er allerdings das: Man solle NEUGEBORENE  in Ruhe lassen, denn:

“newborns do not sleep through the night, and you should not try to make them”.

Also: Neugeborene schlafen nicht durch, und du sollst das auch nicht von ihnen verlangen. Danke. Er rät deshalb, mit “major changes” zu warten. Und zwar bis zum Alter von 3 bis 4 Monaten. In diesem Alter sei das Schlafmuster der Babys “fairly mature” (ziemlich ausgereift). Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, bei einem schlafgestörten Baby mit dem Schlaftraining zu beginnen (zumindest wenn die Probleme “schwer” wären – darunter versteht Ferber, dass die Mutter mehr als 2 Mal zu ihrem Baby gehen muss). Dünner besaitete Eltern könnten “bei leichten Störungen” aber durchaus noch ein paar Wochen lang nach dem Muster “im Zweifel für den Angeklagten” verfahren… Spätestens mit 5 Monaten allerdings sei es an der Zeit, selbst bei “kleinen Problemen” zu handeln, d.h. mit dem Schlaftraining zu beginnen.

(Bis heute gilt in den USA zumeist das Alter von 4 Monaten als das “richtige” Alter um mit dem Schlaftraining zu beginnen, an der Ostküste raten einige Kinderärzte aber eher zum Beginn mit 8 Wochen).

Kinder einsperren?

Laut Ferber ist das selbstverständlich, denn wie sollten sie sonst dazu gebracht werden, in ihrem Zimmer zu bleiben? Schließlich können sie irgendwann aus ihren Kinderbettchen steigen (S 118). Damit die Kinder kapieren, dass sie das Zimmer nicht verlassen dürfen, hat Ferber  ein ausgeklügeltes, eskalierendes Zeitschema entwickelt, nach dem die Türe komplett zu verriegeln ist  (natürlich steigert sich diese Zeit, wenn das Kind Widerworte gibt, zornig wird oder sich nicht an die Vorgaben hält). (S 121)

Nachts noch trinken?

Babys, die das noch verlangen, sind für Ferber schlichtweg nicht normal:

“No normal, healthy full term baby requires a nighttime feeding when they are five months old, and you can certainly insist on stoppping them altogether at that point if you want to.” (S 141)

Also: Kein normales, gesundes, reifgeborenes Baby braucht mit 5 Monaten nachts noch eine Mahlzeit…

Eltern-Kind-Beziehung

Und wenn Ferber etwas über die Eltern-Kind-Beziehung schreibt, dann mokiert er sich in aller Regel darüber, dass die Eltern zu schwach seien um Ansagen durchzusetzen. In einem wirklich gruseligen Kapitel (Kapitel 5) beschreibt er im Grunde nur, mit welchen Methoden die Kinder ihre Eltern manipulieren und was die Eltern tun können um wieder “in charge” zu kommen. Da nennt er dann “Aufkleber- und Punktesysteme”, Türgitter, Türen abschliessen, und natürlich die Gegen-Eskalation (wenn ein Baby beispielsweise brüllt, wenn die Eltern ins Zimmer kommen, weil es hochgenommen werden will, dann sollen die Eltern sofort rausgehen, denn sonst verstärken sie ja dieses “ungebührliche” Verhalten). Kein Wunder sind für Ferber die meisten “Schlafstörungen” ein Ausdruck davon, dass die Eltern ihren Babys und Kleinkindern keine Grenzen setzen.

Unterwerfung als Programm

Ferber gilt zumindest im weißen Mainstream-Amerika bis heute als DER Schlafguru, die Eltern folgen in der überwiegenden Mehrheit seinem Rat und seiner Philosophie (wer mit Schlaftrainings nach dem amerikanischen Muster – baby it´s so hard, but i LOVE you… – nicht vertraut ist, kann sich hier einmal einen Facebook-Eintrag anschauen, der mir über Freunde in die Hände kam…)

Und diese Nebenbemerkung erlaube ich mir nun bewusst. Dass sich gerade in den USA so viele Menschen einem offenkundig selbst schwer gequälten Führer unterwerfen, das hat für mich auch etwas mit der dort üblichen Behandlung der Kinder zu tun. Sie müssen in der Spur laufen, von Anfang an, in allen Belangen, selbst beim Schlafen. Die kollektive Selbstverleugnung, die wir da erleben, diese verzweifelte Suche nach Macht und Größe, sie ist anders nicht zu verstehen.

Unterwerfung wird erlernt.

 

17 Kommentare

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  • Kathrin

    Als Tagesmutter erlebe ich viele Elterntypen und für mich erschreckend, auch immer wieder solche, deren Kinder von klein auf im eigenen Zimmer schlafen müssen. Auf Teufel komm raus. Das macht mich traurig.

    Mein jüngster Sohn, gerade 4 geworden, schläft seit einigen Tagen ganz allein in seinem Bett ein und kommt trotzdem jede Nacht zu uns. Na und? Bis vor 3 Wochen ist er jeden Abend neben mir oder seinem Vater eingeschlafen. In Sicherheit und völlig ruhig.

    Meine Töchter (22,20 und 18) schlafen heute noch gern zusammen in einem Bett, wenn sie sich eine Weile nicht gesehen haben. Familienbett war schon von Anfang an, unsere Devise.

    Trotzdem, oder gerade deswegen, sind sie geborgen erwachsen geworden, nach der Schule haben sie für ihr Sudium das Elternhaus verlassen und sie sind fähig stabile Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Sie sind aber auch Kämpfer und Rebellen. Sie lassen sich nichts gefallen und stehen für ihre Grundsätze ein. Das schätze ich sehr an Ihnen.

    Menschen, die planen Eltern zu werden, sollten sich vorher über eines klar sein – Kinder fordern. Sie fordern Liebe, Gebogenheit und Zeit. Für eine ziemlich lange Zeit, bestimmt ein kleines Wesen über unsere Zeit und diese Zeit, sollten wir genießen und zu schätzen lernen!

    • Sigrid Lauer

      Sehr schön gesagt!

      • AnnaRockt

        Vielen Dank für diese wunderschöne, wahren Worte!

  • Julia

    Beim Lesen der Facebook Threads ist mir fast schlecht geworden.
    Unser Zwerg hat, bis er zu groß für das Beistellbett wurde, bei uns geschlafen. Der Umzug ins eigene Zimmer klappte prima, vielleicht auch, weil wir immer bei ihm geblieben sind, bis er eingeschlafen war. Wir haben ihn nie schreien lassen. Heute ist er drei, hat ein großes Bett und wir quetschen uns immer noch zu ihm, bis er weggedöselt ist. Und wenn er mag, kommt er rüber in unser Bett.

    • Christin

      Genau so haben wir es bei unserer Großen (4) und jetzt beim Kleinen (9 Monate) auch gemacht. Ohne Stress. Und sie kommt häufig auch noch nachts zu uns. So what? Es ist zwar manchmal eng im Bett, aber es ist trotzdem schön, wenn die beiden sich an uns kuscheln….

  • Jana

    Es macht mich immer wieder unheimlich traurig zu lesen,dass es nach wie vor Eltern gibt die von einem so kleinen Wesen verlangen allein ein- und dann doch gefälligst auch noch durchzuschlafen.
    Wir haben drei Kinder und alle drei lieben das Familienbett oder besser Familienschlafzimmer.Denn nach Ausbau unseres Hauses haben wir im Schlafzimmer extra ein weiteres Ausziehbett mit untergebracht,damit die beiden Großen (12 und 9)genau so bei uns schlafen können,wie das Baby(inzw 7 Monate).
    Wir haben keine” guten ” Schläfer,wenn man das so sagen kann….das war bei unserer großen Tochter auch noch ein Problem für mich,da das Umfeld ja eh immer besser weiß was richtig und falsch ist;-) iwann haben ​wir aufgehört uns unter Druck zu setzen,haben sie weiter beim einschlafen begleitet,sie bei uns im Bett schlafen lassen.Mit 6 Jahren ist sie auf einmal wie selbstverständlich abends in ihr Zimmer in ihr Bett und hat das erste Mal in ihrem Leben wirklich durchgeschlafen. Auch unser Sohn hat zum einschlafen Mama oder Papa gebraucht,nicht ganz so lange wie die Große aber er hat es gebraucht.Und unsere kleine Maus jetzt,möchte uns beim einschlafen bei sich haben.
    Ich finde das weder schlimm noch belastend o.ä. Es kommt der Moment,da “ziehen” sie von ganz alleine aus,erst nur aus dem Schlafzimmer ins eigene aber iwann ganz und dann möchte ich das sie das mit einer großen Sicherheit im Herzen tun und die kann ich ihnen nunmal nur von Kindesbeinen an mitgeben.Und Sicherheit für ein Baby und Kind geht nunmal beim Schlafen los,ich fände es furchtbar,wenn ich meinen Kindern diese Sicherheit nehmen würde,nur weil jmd der Meinung ist ein Baby hat allein zu schlafen oder Nachts durchzuschlafen oder nichts mehr zu essen oder oder oder….
    Ich hasse es,wenn mein Mann auf Nachtschicht ist,er fehlt mir,ich fühle mich unwohl,allerdings bin ich erwachsen….wie geht es da also einem so kleinen und unreifen Wesen?????

    • Sarah B.

      Es tut so gut, deinen Kommentar zu lesen. Unser Kleiner ist fast 6 Monate alt und schläft mit im Familienbett. Zum Einschlafen wird er liebevoll begleitet und an durchschlafen ist noch lange nicht zu denken. Nun muss ich mir von meinem Umfeld ständig anhören, dass wir das total falsch machen und er nun in sein Zimmer umziehen muss – er wird schließlich 6 Monate. Dann lernt er auch das Durchschlafen und zum Einschlafen muss man ihn halt auch mal weinen oder auch schreien lassen. Bloß nicht aus dem Bett raus nehmen, streicheln genügt… Und diese Ratschläge kommen von anderen Müttern, deren Babys teilweise im gleichen Alter sind. Ich bin da sehr müde von und muss mich gefühlt ständig rechtfertigen und bekomme vermittelt, was für eine Versagerin ich doch sei. Deshalb tut es sehr gut, auch mal andere Erfahrungen zu lesen. Danke.

      • Anne

        Lass dich nicht unter kriegen. Mein Sohn ist jetzt fast 14 Monate alt und schläft noch bei uns im Bett, irgendwann nachts krabbelt er zwar in Sein Bett, aber das ist nur eine Erweiterung von unserem. Ich habe neulich auch zu hören bekommen, dass es doch langsam Zeit wäre ihn ans eigene Zimmer zu gewöhnen. Aber auf sowas antworte ich dann einfach nur noch mit Nein! Ich spreche im allgemeinen nicht mehr über unsere schlafsituation, außer jemand will es wirklich wissen. Mein Sohn darf geborgen wachsen. Und ein sicherer Schlaf ist dazu nun mal unabdingbar.

        Also Kopf hoch! Du machst das ganz richtig!

      • Jennifer

        Das kennen wir auch. Wie sehr wir unseren Sohn “verhätscheln” wird uns immer wieder ungefragt mitgeteilt.

        Man darf staunen, wie unmodern und teils menschenverachtend die Einstellungen in unserer Gesellschaft zum Thema Baby und Kind noch sind. Übrigens weiß ich inzwischen auch schon von recht vielen Eltern, die sich mit Schreienlassen “ruhige Nächte” erkauft haben. Das scheint noch recht häufig gang und gäbe.

  • Wibke Dihrberg

    Lieber Herbert Renz-Polster
    Vielen Dank für die ausführliche Antwort auf meinen Kommentar!
    Der Inhalt gefällt mir weniger: es ist ja noch schlimmer als ich eh schon dachte!!! 🙁
    Dass Herr Ferber Säuglinge verschont, das liegt wahrscheinlich alein daran, dass sie an so einer “Behandlung” buchstäblich sterben würden.
    Das macht mich wirklich sehr traurig.
    Als Stillberaterin und Elterncoach bin ich absolut entsetzt über die Tatsache, dass so ein “Programm” allgemein akzeptiert ist und empfohlen wird.
    Für mich ist sonnenklar, dass Kinder so lange wie möglich tagsüber UND nachts bei den Eltern sein sollten. Ihre Bindungs-Instinkte sind auf körperliche Nähe und Geborgenheit ausgerichtet, allein zu sein verursacht ihnen Todesangst und somit allerhöchsten Stress.
    Herzliche Grüße und Danke für Ihre Arbeit.
    Wibke

  • Birgit

    Ich finde diese Schlaftrainingsprogramme auch hirnrissig und die Kommentare sehr interessant, allerdings ist mir zu extrem dem Ferber immer nur das Familienbett als Gegenentwurf anzuführen.
    Da kommt man sich als Mama eines ohne Schlaftraining zufrieden im eigenen Bett schlafenden Kindes gleich wie eine Drachin vor.
    Ich hab meine kleine gerne bei mir im Bett gehabt bis sie angefangen hat sich dauernd zu drehen und herumzurudern. Seitdem hab ich sie erst nach dem Einschlafen in ihr Bett getragen und nach ner Zeit auch direkt im Bett einschlafen lassen. Ist zwar manchmal etwas nervig da halbe Stunde daneben zu stehen aber wenn sie mal schläft, kommt sie auch alleine gut klar.

  • Mira Morgentau

    Mein Wissensstand ist, dass Ferber dieses Programm als Notlösung für Eltern entwickelt hat,die psychisch so sehr gefordert sind, dass sie Gefahr laufen das Kind körperlicb zu verletzen. Als solches hat es meiner Meinung nach also seine Berechtigung. Soweit ich weiß findet Ferber es auch schlimm, dass das Programm nun für den Alltag angewandt wird.
    Haben Sie gegenteilige Aussagen von ihm?
    Ich finde leider gerade meine Quelle nicht. Also nur, um da den Namen nicht immer als Schlagwort in den Schmutz zu ziehen, falls es denn wirklich nicht so beabsichtigt war.

  • Lena Göthlich

    Ich verfolge den Blog jetzt schon eine Weile und finde die Diskussionsanstöße immer sehr anregend. Ihre Bücher bescheren mir viele schlaflose Nächte, aber nur aus guten Gründen ;). Vielen Dank dafür! Ich bin selbst Biologin und vor allem “Kinder verstehen” trifft bei mir ins Schwarze.

    Beim vorliegenden Thema frage ich mich jedoch, ob wir -das heißt in dem Fall, wir Nicht-AmerikanerInnen- nicht von einem recht hohen Ross herunter urteilen. Dass es keine Missverständnisse gibt: ich will und werde auf keinen Fall Ferber oder ähnliche Methoden für aktzeptabel erklären. Aber ich denke, dass das Umfeld, in dem die entsprechende Familie lebt, bei der Beurteilung (Verurteilung?) eine Rolle spielen sollte.

    Mein zweites Kind ist ein typisches Steinzeit-Baby. Tragen, bitte non-stop, nachts Körperkontakt bzw. auf-Mama-schlafen, bitte Haut an Haut. Da es das Zweite ist, war ich entsprechend entspannt und habe nicht mehr auf diverse “aber-das-Kind-muss-doch” Ratschläge gehört und das Kind so genommen, wie es ist. Für eine Erstlingsmutter ist das schon ganz schön viel verlangt, finde ich, denn es gibt kaum einen anderen Lebensbereich, in den einen so sehr jeder Hinz und Kunz meint, reinreden zu müssen, wie Schwangerschaft und Kindererziehung.

    Natürlich hat das Kind bei mir geschlafen, natürlich habe ich es rumgetragen, natürlich wurde (und wird) sie nach Bedarf gestillt. Aber hätte ich das geschafft, ohne einen wunderbaren Ehemann, der Elternzeit genommen hat, sich um Haushalt und die große Tochter gekümmert hat und mir vier Monate nur Babyzeit gegeben hat? Wohl kaum. Ich kann das doch nicht zum Standard erheben, das ist doch nicht mein Verdienst. Welche amerikanische Mutter hat diesen Luxus? Welche Alleinerziehende? Dazu noch in einem Land praktisch ohne Mutterschutz, ohne Elternzeit, ohne Kündigungsschutz? Und auch hierzulande gibt es immer mehr Paare, die nicht einfach einen Verdienstverlust von mehreren Monaten hinnehmen können.

    Und wer hat mir entscheidend geholfen, das Kind ohne Tränen ins Baby-Beistellbett umzuziehen, weil ich auf Dauer nicht als Matratze fungieren wollte? Wer hat mir später geholfen, das Kind (dann 1.5 Jahre alt und mittlerweile im Kinderzimmer, Elternbett ist halt nicht jedermann’s Sache) nachts mehr oder weniger abzustillen, weil ich -und das finden vermutlich auch schon einige nicht in Ordnung- nicht willens war und bin, ein Kind in dem Alter nachts alle zwei Stunden zu stillen? Eine wunderbare, liebevolle, unermüdliche Hebamme. Auf Krankenkassenkosten. Auch dies bei uns ja bedroht, aber das ist ein anderes Thema.

    Was davon hat die amerikanische Mutter? Die oft kurz nach der Geburt wieder voll arbeiten muss und unter einem ganz anderen finanziellen und gesellschaftlichen Druck steht als nun ich zum Beispiel? Mag sein, dass Unterwerfung erlernt wird, aber sie wird eben weitergegeben, denn die Mütter machen das sicher nicht aus Jux und Dollerei. Sondern weil man in der Gesellschaft funktionieren muss, und das geht nunmal nicht ohne Schlaf. Ich finde es zwar nicht in Ordnung, aber doch zumindest verständlich, dass die Mütter es nicht leisten können, zwischen Gesellschaft und Kind praktisch zerquetscht zu werden. Das ist hier schon manchmal schwer genug. Selbst meine Frauenärztin war letzt ziemlich entgeistert: “Sie stillen immer noch?!” In Amerika kriegt man ganz anderes zu hören.

    Vielleicht sollten wir uns also nicht nur den Kindern, sondern auch den Müttern gegenüber in Empathie üben.

  • Mimi

    Ein gesunder Schlaf kann dieses Training doch nicht hervorbringen. Ich bin der Meinung, dass die Realitätsferne dieser Theorie schädlich sein könnte.

  • Ulrike Lege

    Danke für diesen Post, der das Problematische am „Ferbern“ auf den Punkt bringt, Herbert Renz-Polster! Wenn man blöderweise nicht schon sein 8 Wochen/ 3 Monate altes Baby erfolgreich geferbert und so ruhiggestellt hat, solange es sich nicht wehren kann, bekommt man als Eltern natürlich ein Problem, wenn die mobileren Kleinkinder einfach aus dem Bettchen krabbeln und – oh Graus!! – nachts zu den Eltern kommen, um sich Trost zu holen. Dafür gibt es in den USA aber ganz fantastische “Crib Tents”, mit denen sich jedes normale Babybett fix in ein Gefängnis verwandeln lässt: https://youtu.be/C9iaPyp6VAc. Kind eingesperrt, Problem gelöst, Erziehungsauftrag erfüllt. Unsere ansonsten sehr netten amerikanischen Nachbarn empfahlen uns die Gruseldinger wärmstens, als wir dort mit Kleinkindern lebten … Wir waren wirklich schockiert. Natürlich gibt es auch in den USA einfühlsame und progressive Familien – aber dass man Hilfsmittel zum Kinder-Einsperren erfinden, bewerben und verkaufen kann, ist verstörend. Vielleicht hat ja sogar TheRealDonald seine prägenden Jahre unter dem Crib Tent verbracht, es würde so einiges erklären …

  • Tanja Wagner

    Ich habe es bei meinen 1. Sohn ausprobiert, weil ich einfach nur am Ende war. genau 1 Mal. Ich hatte körperliche Schmerzen ihn weinen zu hören.
    Es hat 8 Jahre gedauert, bis er so weit war.
    Ich habe das geschafft.
    1 Woche später ist sein Bruder geboren worden. er ist jetzt 8 Monate alt.
    Er schläft nicht durch. Er bekommt noch die Brust.
    Jedes Kind wird schlafen lernen. In seiner Zeit. “Kinder kriegen ist nichts für Schwächlinge” sagte Alfie Kohn. Aber das heißt nicht, das wir unsere Kinder mit Drill erziehen. Liebe ist das Zauberwort.

  • Anna

    Ich bin immer wieder entsetzt, wie oft das Ferber‘sche Vorgehen empfohlen wird, sei es als gut gemeinter Ratschlag von Freunden und Familien, oder auch von medizinischem Fachpersonal.

    Meine Tochter war durchaus ein anstrengendes Baby, und ich habe unheimlich viele Stunden stillend, wiegend, tragend und tröstend verbracht. Wenn ich mir meine heute 7 jährige angucke, kann ich mir jedoch nicht vorstellen, dass diese Zeit fehlinvestiert war.

    Was ich hier aber eigentlich kommentieren wollte, ist Herrn Ferbers Aussage: „No normal, healthy full term baby requires a nighttime feeding when they are five months old, and you can certainly insist on stopping them altogether at that point if you want to.“ (S 141)

    Meine Tochter wurde als sie 5 Monate und 2 Tage alt war (oder wer es ganz genau nehmen will, berücksichtigt die 3 Wochen und 2 Tage, die sie vor Termin auf die Welt kam) im Gesicht operiert, und musste als Folge postoperativ 5 Tage per Magensonde ernährt werden. Zu diesem Zeitpunkt war sie ein vollgestilltes Baby, das im Schnitt 7,5 mal in 24 Stunden gestillt wurde. Dieser Durchschnittswert bezieht sich auf die 14 Tage vor der OP, plus 14 Tage nach der OP, als ich sie wieder stillen durfte. Nachts, also zwischen 20.00 und 8.00 hat sie in der Regel 3 mal getrunken (in drei Nächten während des 28 tägigen Zeitraums nur 2 mal, 1x 4 mal). Üblicherweise einmal zwischen 22.00 und 23.00, einmal gegen 2.00, und einmal gegen 6.00. Für wen die Nacht um 6.00 aufhört, also sogar nur 2mal 😉

    Diese Zahlen sind verlässlich, da ich per Telefon ein ausführliches Stillprotokoll geführt habe. Rein aus Interesse… Mir wurde damals wiederholt nahegelegt, doch nachts abzustillen, dann würde mein Tochter auch endlich durchschlafen. Da sie im Familienbett mitgeschlafen hat, waren die nächtlichen Ausflüge ans Buffet für mich aber nicht so schlimm. Ich konnte mir jedenfalls nicht vorstellen, meinem hungrigen Kind die Nahrungsaufnahme zu verweigern.

    Glaubt man Herrn Ferber, kann Hunger jedoch nicht das Problem gewesen sein. Wahrscheinlich war es einfach nur Gewöhnung…

    Interessant wurde es jedoch während des postoperativen Zeitraums, in dem sie die Nasensonde tragen musste. Ich bin in diesem Zeitraum nachts alle 4h aufgestanden, um abzupumpen, und dann eine Ladung Milch auf Trinktemperatur zu erwärmen, und die Milchpumpe wieder für den nächsten Einsatz vorzubereiten. Pünktlich wie ein Uhrwerk, hat meine Tochter auch während dieses Zeitraums alle 3-4h angefangen rumzuknötern, aber noch bevor sie „richtig“ wach geworden ist, habe ich dann eine Portion MuMi per Sonde gegeben. Das Ergebnis: Das Kind schlief direkt wieder tief und fest. Das ist tatsächlich ganz klinisch als Nahrungsaufnahme zu werten. Ich habe nicht mit ihr gesprochen, oder sie gestreichelt, oder sie sonst irgendwie bemuttert. Mein Ziel war, dass sie weiter schläft, damit auch ich möglichst schnell zurück ins Bett konnte.

    Was schließe ich daraus? Wachte meine Tochter auf, weil sie meine Nähe gesucht hat, musste sie unbedingt nuckeln oder gestreichelt werden?

    Nein, ganz klar nicht. Denn die Milchsondierung, ohne kuscheln, nuckeln, streicheln oder sprechen, hat dazu geführt, dass sie wieder tief und fest geschlafen hat. Daraus kann ich nur schließen, dass der Grund fürs Aufwachen, durch die Milchsondierung aufgehoben wurde. Was wiederum heißt: sie muss Hunger gehabt haben.

    Und ist Hunger nicht das requirement fürs (nächtliche) Füttern?

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