FAQ

Plötzlicher Kindstod – was ist das?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Denn der Plötzliche Kindstod oder SIDS (von sudden infant death syndrome) ist nicht die Folge einer »Krankheit«, die sich auf eine bestimmte Ursache zurückführen liesse. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass es sich um Todesfälle ohne einheitliche Ursache handelt.

SIDS ist deshalb eine Ausschlussdiagnose: Ein Baby ist dann ein Opfer von SIDS, wenn es plötzlich und unerwartet verstirbt und sich dafür keine andere Erklärung finden lässt. Am häufigsten passieren diese tragischen Fälle zwischen dem 2. und 4. Lebensmonat. Nur jeder zehnte Fall ereignet sich nach dem 6. Lebensmonat. Nach dem 12. Monat sind unerwartete Todesfälle extrem selten, sie werden nicht mehr als SIDS bezeichnet.

Da die Klassifizierung als SIDS auf dem Ausschluss anderer Ursachen beruht, wird empfohlen, dass bei jedem Verdachtsfall eine genaue Untersuchung des Todeshergangs sowie eine Obduktion erfolgen soll. Wird hier dann eine Ursache für den Kindstod gefunden, so wird der Tod nicht mehr als SIDS-Fall klassifiziert. Tatsächlich lassen sich bei gründlichen Obduktionen bei etwa jedem 4. plötzlich und unerwartet verstorbenen Baby eindeutige andere medizinische Ursachen nachweisen, etwa ein Herzfehler oder eine Infektionskrankheit. Bei 13% der Untersuchten ergibt sich eine wahrscheinliche Ursache. Bei 2-5% ergeben sich Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Tötung. Und bei immerhin 60% der Autopsien werden Auffälligkeiten gefunden, die zwar für sich allein den Todesfall nicht erklären, aber möglicherweise im Zusammenwirken mit anderen Einflüssen eine nachteilige Rolle spielen könnten.

Letzteres ist deshalb interessant, weil angenommen wird, dass der Plötzliche Kindstod nicht durch einen einzigen Auslöser entsteht (etwa durch die Bauchlage oder Zigarettenrauch). Vielmehr nehmen Kindstod-Forscher an, dass SIDS-Todesfälle durch das Zusammenwirken mehrerer ungünstiger Einflüsse entstehen. So könnten manche Babys gegenüber SIDS deshalb anfälliger sein, weil sie besondere biologische Merkmale aufweisen, die zwar für sich genommen nicht schädlich sind, aber eben eine Empfänglichkeit gegenüber bestimmten äußeren Einflüssen begründen (solche inneren Auffälligkeiten könnten darin bestehen, dass ihr Stoffwechsel etwas anders funktioniert oder dass die Blutgefäße ihres Gehirns anatomisch ungünstig angelegt sind, oder dass subtile Fehlbildungen am Herzen oder Gehirn bestehen − für alle diese Vermutungen gibt es wissenschaftliche Hinweise). Kommen nun ungünstige äußere Einflüsse hinzu (etwa Bauchlage oder Zigarettenrauch), so ergibt sich daraus eine möglicherweise tödliche Belastung. Diese Doppel- oder gar Triple-Hit-Theorie macht es auch schwer, dann im Einzelfall einen Schuldspruch zu treffen: war an dem tragischen Ereignis die Bauchlage »schuld« − oder die schon vorher bestehende höhere Verletzlichkeit des Kindes?

Aus der Definition von SIDS geht auch das hervor: SIDS ist kein Erstickungstod − hier läge ja eine Erklärung für den Tod vor. In den Statistiken wird neben SIDS deshalb auch eine separate Kategorie »Ersticken in Bett oder Wiege« geführt. Hier sammeln sich nur wenige Fälle (im Verlauf von 10 Jahren fallen etwa 35 solcher Fälle an, die Häufigkeit schwankt von Jahr zu Jahr ziemlich konstant zwischen einem und 6 Fällen in Deutschland).