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Kombiniere deine Wunsch-Vorträge und sichere dir 35 % Rabatt.Herbert Renz-Polster über sein neues Buch »Auf die Flügel kommt es an«

Bindung und Bedürfnisorientierung sind wichtig für die gesunde Entwicklung des Kindes, weil sie ihm Wurzeln geben. Doch bei der Umsetzung klagen Eltern über häufige Wutanfälle des Kindes und mangelnde Kooperation. Kein Wunder, denn wir achten zu wenig auf die Flügel! Die aber brauchen Kinder dringend für die Entwicklung von Selbstständigkeit, sozialem Verständnis und für ihre emotionale Reifung. All das lernen sie nur, wenn sie einerseits Freiheit, andererseits Orientierung durch die Eltern bekommen.
Lieber Herbert Renz-Polster, in Ihrem neuen Buch geht es um die »Flügel« in der Begleitung von Kindern. Was meinen Sie damit?
Es gibt ja dieses Bild, nach dem die Kinder für ihre Entwicklung Wurzeln, aber auch Flügel brauchen. Beides wirkt zusammen, das eine führt ohne das andere nicht zum Ziel. Wir haben in den letzten 20 Jahren einen starken Fokus auf die Wurzeln gelegt, gerade in der bedürfnisorientierten Elternschaft – also auf Bindung, achtsame Beziehungen und die Nähe-Bedürfnisse der Kinder. Das war gut, aber ich glaube, dabei sind die »Flügel« zu kurz gekommen. Damit meine ich die Unterstützung der kindlichen Selbstständigkeit.
Warum sind die Flügel so wichtig?
Ein Kind hat im Lauf seiner Entwicklung so viele Erfahrungen zu sammeln und Lernschritte zu tun! Es will die warme Kuhle des Lebens erfahren, es will aber auch seine Fähigkeiten aufbauen, immer besser mit sich selbst klar zu kommen, und mit den anderen auch. Schlüsselbegriffe heißen hier Selbstregulation und soziale Kompetenz. Und das ergibt sich nicht einfach daraus, dass wir lieb zu unseren Kleinen sind (daraus, dass wir sie triezen wie früher übrigens auch nicht 🙂 ). Kinder müssen sich ausprobieren, tun und machen, aber in einem Rahmen, der sie nicht überfordert und zu ihrem Entwicklungsstand passt. Dazu suchen sie auf Schritt und Tritt nach Orientierung.
Warum fällt es Eltern oft schwer, eine Balance zwischen Orientierung und Freiheit zu finden?
Ich finde, die Eltern heute sind Held:innen. Sie haben aber viele Helfer verloren. Das eigenständige Spiel unter Kindern etwa – was für ein Booster für die Entwicklung von Selbstregulation! Das Thema heißt ja auch: Raus aus der Komfortzone! Sich was zutrauen, Ängste bewältigen, die anderen mitdenken – ein einziges Stärkungsprogramm! Kein Wunder, dass kleine Kinder mit so großen Augen auf die anderen Kinder gucken, gerade auf die älteren! Heute ist das in weiten Teilen durch Animation durch Erwachsene ersetzt. Supergut gemeint natürlich, aber oft eben leere Kalorien, wenn es um die »Flügel« geht.
Haben Sie konkrete Situationen aus dem Familienalltag, in denen Eltern die Selbstständigkeit ihrer Kinder fördern können?
Lass sie raus zu den anderen Kindern und dann verkrümle dich so gut es geht. Such dir einen Kindergarten mit viel Wärme, aber wenig Animation. Lass sie im Haushalt mitmachen, auf einladende Art, nicht mit Zwang – da passen hundert »Abenteuerspielplätze« für kleine Kinder rein. Versteh dich nicht als Servicepersonal. Vergiss nicht, dass DU die »großen« Entscheidungen triffst, nicht die kleinen Kinder, sie lernen ja erst, die Folgen zu überblicken. Und vergiss die eigene Freude nicht.

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Quellen