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Vielleicht eine dumme Frage − aber warum können wir den Geschmack einer Olive nicht beschreiben?
Die Evolution sorgt dafür, dass jede Art solche Dinge gut kann, die ihren Mitgliedern das Leben und Überleben sichern. Auch der Mensch ist auf Fähigkeiten spezialisiert, die ihm geholfen haben, in seiner natürlichen Umwelt zurechtzukommen. Das gilt auch für unsere Wahrnehmung. Selbst wenn wir manchmal meinen, die »ganze Wirklichkeit« zu kennen und wahrzunehmen, so erkennen wir doch nur einen winzig kleinen Ausschnitt davon mit unseren Sinnen − unser Auge etwa kann nur einen bescheidenen Teil des Lichtspektrums erkennen, und manche physikalische Qualitäten des Lichts, wie etwa dessen Polarisierung, kann es überhaupt nicht wahrnehmen (das kann dafür die Biene und sie nutzt es für die Orientierung im Gelände).
Auch unser Denkvermögen − also die menschliche Glanzleistung schlechthin − unterliegt diesen Grenzen: Wir können uns einen großen Teil der Wirklichkeit schlichtweg nicht vorstellen. Wir können problemlos in vier Dimensionen denken − Höhe, Breite, Tiefe und Zeit −, aber die weiteren Dimensionen, die es nach Auskunft der Physik ohne jeden Zweifel gibt, können wir allenfalls mit Formeln errechnen (oder können Sie sich etwas unter einem fünf-dimensionalen Raum oder einer »gekrümmten Zeitachse« vorstellen?).
Ja, wir können einen guten Teil unserer Wirklichkeit nicht einmal beschreiben − versuchen Sie doch einmal einem anderen Menschen den Geschmack einer Olive oder einer Papaya zu beschreiben!
Aber immerhin wissen wir jetzt warum wir mit diesen Begrenzungen geschlagen sind: das menschliche Gehirn ist nichts anderes als ein im jahrtausendelangen Härtetest entstandenes Werkzeug − es kann das besonders gut, was einmal vonnöten gewesen war, um zu überleben und Kinder zu hinterlassen. − Komplexe geschmackliche Erfahrungen auszutauschen scheint da so wenig dazu gehört zu haben wie in fünf Dimensionen zu denken.